Online-Gschichtl Nr. 41

Der Bildhauer Martin Hof (1890-1948)

Reife Jahre

Als Fortsetzung des letzten Online-Gschichtls zum Leben und Wirken des Mannersdorfer Bildhauers Martin Hof, widmen sich Ava Pelnöcker und Michael Schiebinger heute den „Reifen Jahren“ des Künstlers. Ein besonderer Dank gilt auch diesmal der Familie Hof, die Fotos und Unterlagen für die Recherche zur Verfügung gestellt hat und wichtige Hinweise gab!

 

Über die Jahre von 1909 bis 1914 ist vorerst nichts bekannt, als 24-Jähriger musste Martin Hof mit der k.k. Armee in den Ersten Weltkrieg ziehen. Er geriet in russische Kriegsgefangenschaft und konnte erst 1920 nach Österreich zurückkehren. Um 1920 gelangte Hof nach Graz, wo er auch Theresia Schlagin kennengelehrt haben dürfte. Er lebte mit seiner künftigen Gattin in der Lagergasse 26 im Stadtbezirk Gries. Martin war in Graz im Steinmetzmeisterbetrieb Eisler beschäftigt, seine Theresia war eine gelernte Damenschneiderin und Kleidermacherin. Sie war 1896 in Wien geboren worden, ihre ledige Mutter stammte aber aus Judenburg. Im Jahr 1921 wurde dem jungen Paar im Grazer Landeskrankenhaus ein Sohn geboren, der nach dem Vater Martin genannt wurde. Am 23. Oktober 1921 heirateten deshalb Martin und Theresia in der Pfarre Graz-St. Andrä. Die junge Familie übersiedelte in Martins Heimatort Mannersdorf, wo er in der Tattendorfgasse das Haus seiner älteren Schwester übernahm und einen Werkstattbetrieb gründete.

Zunächst nahm er vor allem Kleinaufträge an, so stammen noch heute etliche Grabdenkmäler am Mannersdorfer Friedhof aus seiner Hand. Es ist dabei bemerkenswert wie viele dieser Werke aus der Zeit von 1921 bis etwa 1940/45 erhalten geblieben sind. Während die Grabeinfassung sehr einfach gehalten ist, entfalten die Grabsteine eine interessante Formenvielfalt. So finden wir die klassische Stele, aber auch Kreuze, teils mit felsenartigen Sockeln – dazu kamen Dekorelemente wie Blumengirlanden oder Sträuße mit Palmzweigen. Auffallend ist auch, dass manche Grabsteinmodelle mehrfach vorkommen, die Kunden dürften wohl aus einem bestimmten Repertoire ausgewählt haben.

Hatte Martin Hof nach seiner Rückkehr nach Mannersdorf zunächst kleinere Aufträge im Bereich der Grabmalgestaltung übernommen, kamen nun auch prestigeträchtige öffentliche Aufträge hinzu. So schuf der Bildhauer 1922 einen neuen Gnadenstuhl für die Dreifaltigkeitssäule vor der Mannersdorfer Pfarrkirche nach dem barocken, aber bereits schadhaften Vorbild.

Im Jahr 1923 wurde Martin Hof dann von der Gemeinde Götzendorf beauftragt bei der Filialkirche ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges zu gestalten. Der Bildhauer schuf einen sehr pompösen, künstlichen Felsenaufbau mit Inschriftentafel und einer großen Skulptur. Letztere entspricht dem Typus der Pietà, wobei hier nicht Maria ihren toten Sohn in Armen hält, sondern eine verklärte Engelsgestalt pathetisch einen zu Boden sinkenden, tödlich getroffenen Soldaten auffängt. Der Felsenaufbau wollte wohl eine gewisse Bodenständigkeit und Heimatverbundenheit suggerieren. Noch im selben Jahr sollte Hof auch das Kriegerdenkmal für Sommerein anfertigen, wie in Götzendorf hatte sich auch hier ein eigenes Komitee lokaler Honoratioren zur Finanzierung und Projektierung gebildet. In Sommerein griff der Bildhauer wieder auf eine Felsenarchitektur zurück, die mit den klassischen Elementen des Obelisken und des trauernden, damals idealtypisch angesehenen Soldaten ergänzt wurde. Für die Bildhauerarbeiten erhielt Hof „unglaubliche“ 6,65 Mio. Kronen, eine Summe, die auf die damalige Währungsinflation vor der Schilling-Einführung zurückzuführen ist.

Die Vielfalt von Hofs künstlerischem Wirken zeigt sich auch in der 1925 angefertigten Skulptur für das damals neu gestaltete Mannersdorfer Rathaus. Dargestellt ist eine Mutter mit drei Kindern, die an eine Madonna erinnert, aber wohl als Personifikation der Fürsorge oder Nächstenliebe zu deuten ist. Das Werk hatte Hof nach einem Gipsmodell von Bildhauer Ferdinand Opitz gefertigt, dass das Architektenduo Alfons Hetmanek und Franz Kaym nach Mannersdorf gebracht hatte. Ein Foto aus dem Familienbesitz zeigt Martin Hof mit einer Skulptur eines Mädchens, das auf einer Schnecke sitzt. Derartige Kinderskulpturen wurden oftmals bei Gemeindebauten und Kindergärten des Roten Wiens eingesetzt. Es wäre daher möglich, dass das Architektenduo Hetmanek und Kaym Bildhauer Martin Hof mit weiteren Aufträgen für ihre Wiener Projekte betraut hatten.

Im Jahr 1925 wurde von der Gemeinde Unterlaa (heute Wien 10) unter Bürgermeister Josef Prentl ein Kriegerdenkmal nach Entwurf von Architekt Andreas Hofer errichtet, dessen Bildhauerarbeiten abermals von Martin Hof ausgeführt wurden. Es entstand ein Postament mit steinernem Helmaufsatz, die künstliche Felsenformation dahinter blieb nicht erhalten. 1926 folgte dann das Kriegerdenkmal für Potzneusiedl, wo eine monumentale Soldatenskulptur entstand. Etwas bescheidener fiel das Kriegerdenkmal für Pischelsdorf 1927 aus, da man noch die Kosten für den damaligen Pfarrkirchenneubau abzuzahlen hatte. Martin Hof schuf deshalb für die Gefallenen eine einfache Inschriftentafel. Im Folgejahr entstand das ungewöhnliche Kriegerdenkmal in Sieggraben im Burgenland, wo die kniende Soldatenskulptur von Martin Hof auf einer Torarchitektur vor der Pfarrkirche Platz fand. Die Verbindung nach Sieggraben dürfte über das Architektenduo Alfons Hetmanek und Franz Kaym entstanden sein, das den dortigen Schulneubau (1926) entworfen hatte.

 

 

Fortsetzung folgt …


Foto 1: Wohnhof der Familie Hof und Atelier in der Tattendorfgasse, Mannersdorf (Familie Hof)

Foto 2-3: Grabdenkmäler am Mannersdorfer Friedhof, geschaffen von Martin Hof sen., um 1920 bis 1940 (Michael Schiebinger)

Foto 4: Martin Hof sen. mit Kinderskulptur, vielleicht ein Auftrag für einen Bau des Roten Wien, 1920er-Jahre (Familie Hof)

Foto 5: Kriegerdenkmal von Götzendorf a. d. L., 1923, geschaffen von Martin Hof sen. (Familie Hof, Michael Schiebinger)

Foto 6: Komitee zur Errichtung eines Kriegerdenkmales in Sommerein, um 1923, Martin Hof sen. 2. Reihe stehend Zweiter von links (Archiv Ava Pelnöcker)

Foto 7: Kriegerdenkmal von Sommerein, 1923, geschaffen von Martin Hof sen. (Archiv Ava Pelnöcker, Michael Schiebinger)

Foto 8: Kriegerdenkmal von Wien-Unterlaa, 1925, geschaffen von Martin Hof sen. (Familie Hof, Michael Schiebinger)

Foto 9: Kriegerdenkmal von Potzneusiedl, 1926, geschaffen von Martin Hof sen. (Familie Hof, Michael Schiebinger)

Foto 10: Kriegerdenkmal von Sieggraben, 1928, geschaffen von Martin Hof sen. (Familie Hof, Michael Schiebinger)