Online-Gschichtl Nr. 102

Bürgermeister Josef Schuch

Nach Bürgermeister Johann Kopf widmet sich Michael Schiebinger diesmal dessen Amtsvorgänger Josef Schuch.

 

Josef Schuch wurde am 11. September 1840 im Haus Nr. 85 in Mannersdorf geboren. Er war der Sohn des Wirtschaftsbesitzers (Landwirt) Andreas Schuch und dessen Gattin Anna Maria, geborene Wallischowitsch. Josef half früh in der Landwirtschaft der Eltern mit und besuchte die Mannersdorfer Volkschule. Es war klar, dass er den elterlichen Betrieb übernehmen sollte. Da er keine höheren Schulen besuchen konnte, so berichtet es später der Bezirksbote, dürfte Schuch sein Wissen durch Lektüre und Selbststudium vertieft haben. Oberlehrer Anton Mischling förderte stets seinen Schüler Schuch und dessen Interesse an der Musik. Später war Schuch besonders der Kirchenmusik zugetan und begleitete den Kirchenchor an hohen Festtagen mit seiner Primgeige.

Als Josef Schuch den elterlichen Hof übernommen hatte, gründete er eine Familie. Am 11. Februar 1879 wurden Theresia Frast und Josef Schuch von Pfarrer Karl Hollschek in der Mannersdorfer Pfarrkirche getraut. Theresia war 16 Jahre jünger als ihr Gatte und stammte aus der hiesigen Bauernfamilie Frast. Das Familienglück ließ dann, wie das Taufbuch zeigt, etwas auf sich warten, erst im Juni 1883 kam Tochter Theresia zu Welt. 1885 folgte Tochter Juliana, die jedoch nur ein Monat alt werden sollte.

Josef Schuch wurde auch in der Lokalpolitik tätig und war Mitglied des Mannersdorfer Gemeindeausschusses. Bis zum Jahr 1888 amtierte Langzeitbürgermeister Franz Ludescher, der dann offenbar vorerst nicht mehr kandierte – so wurde Josef Schuch zum Bürgermeister gewählt. In seine erste Amtszeit als Bürgermeister fiel die Errichtung der Kaiser Franz Joseph-Warte im Leithagebirge. Zwar liegt das Bauwerk im Gemeindegebiet von Hof, doch wurde das Projekt entscheidend durch Mannersdorfer Persönlichkeiten gefördert, wie vom Arzt und Obmann des Touristenclubs Dr. Josef Wache. Die Grundsteinlegung zur Warte fand am 19. August 1888, dem 40. Jubiläumstag der Thronbesteigung von Kaiser Franz Joseph statt. Das vollendete Bauwerk konnte dann am 18. August 1889, dem Geburtstag des Kaisers, feierlich eingeweiht werden. 1888 zählten Bürgermeister Schuch und Mediziner Wache auch zu den Gründungsmitgliedern des Vereins „Landwirtschaftliches Casino“, der die Aus- und Fortbildung der hiesigen Bauern fördern sollte, wie bereits Hans Schwengersbauer in einem Artikel berichtete. Im Jahr 1889 erhielt Oberlehrer Anton Mischling von seinem ehemaligen Schüler und nunmehrigen Bürgermeister Josef Schuch eine silberne Tabakdose als Anerkennung der Marktgemeinde übereicht, nachdem Mischling vom Kaiser mit dem silbernen Verdienstkreuz ausgezeichnet worden war. Schuch blieb bis 1891 Bürgermeister, dann kam es zu einem Wechsel im Amt, dessen Ursachen vorerst unklar bleiben. Denn in den Jahren 1891 bis 1894 übernahm Franz Ludescher nochmals das Amt des Bürgermeisters, er hatte ja bereits vor 1888 diese Position bekleidet. Das Intermezzo von Ludescher sollte nur drei Jahre (damalige Länge der Funktionsperiode) dauern, dann kehrte 1894 Schuch wieder auf den Bürgermeistersessel zurück.

In Schuchs beginnende zweite Amtszeit fiel ein für Mannersdorfs weitere Entwicklung wichtiger Schritt. Die hohe Qualität des Leithakalks, das Tegelvorkommen und die günstige geografische Lage führten dazu, dass im Jahr 1894 am Fuße des Leithagebirges das Zementwerk Mannersdorf gegründet wurde. Die Gründerin war die Firma der Gebrüder Leube aus Ulm bzw. Gartenau bei Salzburg. Diese erwarb mit 30. August 1894 diverse Parzellen der Familien Hackl, Hofschneider, Karner, Pauer, Schuch und Zwerger sowie der Pfarre, um darauf das Werksgelände ihrer neuen Zweigniederlassung anlegen zu können. Ebenfalls 1894 wurde die Errichtung eines Turnplatzes in Erwägung gezogen, aber erst 1895 beschloss dann der Gemeindeausschuss dessen Errichtung. Im gleichen Jahr wurde von der Gemeinde Grund zur Gewinnung von Sand an die Firma Pittel und Brausewetter verpachtet.

In jenen Jahren wurde die Cholera wieder zu einem ernsthaften Problem, der Marktgemeinde wurde aufgetragen ein einiges Choleraspital zur Absonderung der Kranken zu errichten. Wie Hans Schwengersbauer bereits in einem Artikel berichtet hat, zog sich diese Bauangelegenheit mehrere Jahre hin. Bürgermeister Schuch vertröstete die Bezirkshauptmannschaft immer wieder mit dem Baubeginn, die Marktgemeinde hatte nicht genügend Geld und Förderungen waren auch nicht in Sicht. 1896 war immer noch kein Bau erfolgt, aber das Choleraspital dürfte mittlerweile überflüssig geworden sein, wie Hans Schwengersbauer annahm.

Der Gemeinausschuss verwendete die knappen Mittel wohl lieber für den Ausbau des Schulhauses, das durch den Bevölkerungszuwachs bereits zu klein geworden war. Im Jahr 1896 entschlossen sich die Gemeindeväter zudem im Park einen Musterweingarten anzulegen und einen Teil der Anlage als Schulgarten für die Obstbaumzucht zu verwenden. Im Folgejahr 1897 kam es in Mannersdorf zur Gründung der Raiffeisenkasse, um die Bauern mit Förderungen unterstützen zu können. Im Oktober 1899 hielt der Verein für Niederösterreichische Landeskunde im Mannersdorfer Gasthaus „Zum Schwarzen Adler“ eine Tagung ab. Die Gäste wurden von Bürgermeister Schuch und den anderen Honoratioren am Bahnhof feierlich in Empfang genommen.

In jenen Jahren unter Bürgermeister Schuch entwickelte sich Mannersdorf vom Bauerndorf zur Industriegemeinde. Das zeigte sich auch in der Verlagerung der Arbeitsplätze, immer mehr Mannersdorfer arbeiteten im Zementwerk, während es dadurch zu einem Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft kam. Mit dem Zuzug weiterer Arbeiter nach Mannersdorf konnte sich nun auch die Sozialdemokratie im Ort etablieren. Mauerer- und Steinmetzgesellen wurden politisch aktiv und hielten im bisher christlich-sozial geprägten Mannersdorf sozialdemokratische Versammlungen ab. Pfarrer Johann Glogowatz schrieb, dass die Sozialdemokraten sogar die Bauern mit ihren Ideen „betört“ hätten. Während die Bauern kaum Interesse an der Reichsratswahl von 1901 zeigten, waren die Sozialdemokraten bereits gut organisiert und holten geschlossen die Stimmen der Mannersdorfer Arbeiterschaft. Mit den kinderreichen Arbeiterfamilien stieg auch die Einwohnerzahl von Mannersdorf weiter an, neue Häuser wurden errichtet, teils auch planmäßig wie im Peerviertel.

Im Jahr 1902 verlieh der Gemeindeausschuss k.k. Statthaltereirat und Bezirkshauptmann Carl Ratzesberg Edler von Wartenburg (1848-1903) die Ehrenbürgerschaft wegen seiner Verdienste um Mannersdorf. Auch andere Gemeinden im Bezirk ließen diesem eine derartige Ehrung zuteilwerden. Ebenfalls 1902 hielt die Freiwillige Feuerwehr Mannersdorf ihr 20-Jahr-Jubiliäm ab, bei der eine eigene Feuerwehrkapelle gegründet wurde. Zur Krankenversorgung entstand um 1900 auch ein eigenes Rettungswesen mit pferdegezogenem Transportwagen.

 

Bürgermeister Schuch hatte indes seit längerem an einem „Steinleiden“ zu zehren, bereits 1903 unterzog er sich in Wien einer Operation. Im Oktober 1904 war er erneuert für einen operativen Eingriff in Wien, erlitt aber bald danach einen Schlaganfall. Schuch war nicht mehr geschäftsfähig, später wurde er auch noch sprach- und bewusstlos, wie der Bezirksbote berichtete. In der Nacht zum 6. Dezember 1904 verstarb Bürgermeister Johann Schuch letztlich an den Folgen eines „Hirnschlages“ in der Wiener Allgemeinen Poliklinik in der Mariannengasse. Der Verstorbene wurde nach Mannersdorf überführt, hier fand am 8. Dezember 1904 das Begräbnis statt, bei dem trotz schlechter Witterung große Teilnahme gezeigt wurde. Auch die Honoratioren der Region waren erschienen, u.a. Bezirkshauptmann Hans Hruschka – der Verstorbene war ja Mitglied des Bezirksschulrates und des Bezirksarmenrates gewesen. Im Nachruf des Bezirksboten wurde Josef Schuch als gestandener Bauer charakterisiert, der dem Musischen zugeneigt und dem „inhaltsleeres Geschwafel“ zuwider war.


Foto 1: Porträt von Bürgermeister Josef Schuch (Brucker Bezirksbote, 1904)

Foto 2: Kaiser Franz Joseph-Warte, errichtet in Schuchs Amtszeit (Archiv Karl Trenker)

Foto 3: Mannersdorf entwickelte sich unter Schuch vom Bauerndorf zur Industriegemeinde (Archiv Lafarge Zementwerk Mannersdorf)

Foto 4: Die Poliklinik in der Wiener Mariannengasse, hier endete Schuchs Leben nach langen gesundheitlichen Problemen (Wien Museum Online Sammlung, 234299 1-2, CC0: C. Ledermann jun., Wiener Allgemeine Poliklinik, Ansichtskarte 1906)

Foto 5: Josef Schuchs Porträt in der Bürgermeistergalerie (Archiv Karl Trenker)