Online-Gschichtl Nr. 29

Die Männer vom Baxa. Pendeln mit Fahrrad und Fiata

Heute wird meist zum Vergnügen geradelt, aber es gab eine Zeit, als das Fahrrad nur für wenige erschwinglich war und einen mehr als harten Mannersdorfer Brot-Erwerb ein wenig erleichtern half. Ava Pelnöcker und Helga Kusolitsch haben sich den Arbeitsalltag der BAXA-Arbeiter, insbesondere jener aus Stotzing genauer angeschaut …

 

Morgens 10 km Fußmarsch, über 10 Stunden Arbeit in Steinbruch und Kalkofen und abends 10 km wieder zurück. Das war der Alltag für die vielen Stotzinger Arbeiter, die den BAXA-Betrieb über Generationen hinweg am Laufen hielten. Aus allen umgebenden Gemeinden wie Sommerein, Hof und Au kamen die Arbeiter, aber vor allem die Stotzinger waren es, die während vieler Jahrzehnte hindurch den Hauptteil der Steinbruchbelegschaft beim BAXA stellten. „In aller Früh um 5 Uhr müssen wir aufstehen, ob es stürmt oder schneit, ob kalt oder warm, müssen wir den Weg nach Mannersdorf unternehmen.“ schilderte im Jahr 1930 Johann Zimmermann diese harten Jahre. „Drüben angekommen heißt es zur Arbeit greifen und nicht früher aufhören bis es 12 Uhr schlägt. Sobald der Schlag ertönt, wird das Werkzeug weggelegt und das Mittagessen kommt zum Vorschein. Sechs Uhr abends wird Feierabend gemacht, dann geht es dem lieben Stotzing zu.“ Dass die Kraft dann nur mehr fürs karge Nachtmahl reichte, ehe die Männer erschöpft ins Bett fielen, verwundert kaum.

Glücklich also wer sich ein Fahrrad leisten konnte, um zumindest den Arbeitsweg ein wenig zu erleichtern. Die zeitgenössische Fotografie der BAXA-Arbeiter zeigt einen solchen stolzen Fahrrad-Besitzer, wie ihn auch die Kinderzeichnung aus den 1930er-Jahren auf dem Feldweg zwischen Stotzing und Mannersdorf darstellt. Dass das Radfahren damals noch nicht zu den üblichen Fertigkeiten zählte, erzählt eine andere Zeitzeugin, „Mein Vater kaufte sich für die Arbeit zum BAXA nach Mannersdorf ein Fahrrad. Das Radfahren war zu dieser Zeit noch eine besondere Kunst. Ich muss heute noch darüber lachen, wenn ich mir vorstelle, wie er damals gebremst hat…“ Da musste nämlich eine Birdltriste als Bremsbock herhalten.

Als Steinbrucharbeiter waren die Stotzinger wegen ihres Fleißes, ihrer Ausdauer und ihrer Verlässlichkeit besonders beliebt und geschätzt und mancher von ihnen hat eine kleine Karriere als Sprengmeister gemacht. Auch in ihrer äußeren Erscheinung wussten sie sich abzuheben, zählte doch ein weißes Fiata (= Schurz) zu ihrer einheitlichen Arbeitsmontur. Besonders war ihre Herkunft allemal, schließlich führte der tägliche Arbeitsweg der BAXA-Pendler über eine richtige Grenze. Bis 1921, als Stotzing noch zu Ungarn gehörte, wurde sogar international eingependelt, später immerhin vom Burgenland nach Niederösterreich.

Schließlich ist es einigen prominenten Nachfahren der fleißigen Stotzinger zu danken, dass ihre Geschichte in Mannersdorf so gut dokumentiert ist. Karl Tschank, der Initiator der Rettung des Kalkofens und dessen Gründung als kulturelle Begegnungsstätte ist selbst ein gebürtiger Stotzinger und konnte u.a. den dort ansässigen Nobelschneider Peppino Teuschler, als frühen Unterstützer für den BAXA gewinnen. Mehr zur Geschichte der Arbeiterkultur gibt es nach der Sommerpause wieder im Museum des Kalkofen BAXA (www.kalkofenbaxa.at) zu erleben.

 

 

Quelle: Als ich noch jung war. Stotzinger Dorfgeschichten. Mattersburg 1998.


Foto 1: BAXA Arbeiter im Steinbruch mit Lastwagen und Fahrrad (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 2: Gedenktafel im Kalkofen BAXA (Verein Kalkofen BAXA)

Foto 3: Stotzing-Mannersdorf mit dem Fahrrad, Kinderzeichnung von Katharina Kößler (verh. Zimmermann) 1930 (‚Als ich noch jung war‘, Stotzinger Dorfgeschichten, Mattersburg 1998)

Foto 4: BAXA Arbeiter beim Kalkofen,  1933 (Johann Soldatisch aus Hof, Topothek, Marktgemeinde Hof)