Online-Gschichtl Nr. 127

Fleischhauer in Mannersdorf

Zu den alten Handwerken, die in Mannersdorf leider heute nicht mehr in dieser Form vertreten sind, zählen die Fleischhauer, über die Michael Schiebinger diesmal berichtet.

 

Wie andere Handwerke waren auch die Fleischer seit dem Mittelalter in Zünften zusammengeschlossen, die ihren Sitz meist in den größeren Städten hatten. Durch den Zunftzwang, strenge Reglements und die oft teure Ausbildung war es nicht ohne weiters möglich, den Beruf des Fleischers zu erlernen bzw. ihn dann auch auszuüben. Erst mit der Gewerbeordnung von 1859 wurde es auch den Fleischern ermöglicht, ihr Handwerk freier auszuüben. Freilich war auch weiterhin eine fachliche Ausbildung von Nöten.

Über das Fleischerhandwerk in der Vergangenheit Mannersdorfs ist einiges bekannt. Bereits im Jahr 1580 und nochmals 1600 wurde im Urbar von Mannersdorf eine „Fleischbank neben dem Meierhof bei dem Pranger“ genannt. Die Fleischbänke waren seit dem Mittelalter in Städten und Märkte zentral situierte Verkaufstische und Stände. Später verlagerte sich der Fleischverkauf dann in geschlossene Geschäftslokale. In Mannersdorf ist im Jahr 1783 mit Franz Branz erstmals ein Fleischhauer namentlich fassbar, er hatte damals das Herrschaftsgasthaus übernommen.

In den Bauernhäusern wurde auch selbst geschlachtet, viele Familien hielten ja Hausschweine. Beim „Sautanz“ halfen alle zusammen, da waren die ganze Familie und auch die Freunde eingesetzt. Beim Verarbeiten des Schweinefleisches wurde auch Schmalz hergestellt, das man im Haushalt in vielfacher Hinsicht gebraucht hatte. Das Schlachten war mit viel Arbeit verbunden, kinderreiche Familien und solche, die finanziell besser aufgestellt waren, mussten und konnten auch mehrmals im Jahr Hausschlachtungen durchführen. Besonders während der Weltkriege wurde auch viel illegal geschlachtet, weil auch hier reglementiert wurde. Wobei die Gemeindeaufsicht bewusst nicht genau Nachschau gehalten hat, wie Frieda Dunshirn so zu berichten wusste.

Um 1900 gab es in Mannersdorf vier Fleischhauerbetriebe, jene von Adolf Frichtl, Karl Limp, Johann Sauer und Eduard Zenk. Neben Frichtl und Zenk wurde auch Barbara Tamasowitsch als Selchwarenhändlerin ausgewiesen. Emilie Nezhyba wiederum betrieb eine Pferdefleischhandlung. Im Jahr 1938 finden sich im Telefonbuch Johann Sauer, Josef Seiwerth, Josef Wenz und Katharina Zenk als Fleischhauer angeführt. In den 1950er-Jahren bestanden noch drei Fleischerei- und Selchereibetriebe, der von Thomas Kögl auf der Hauptstraße 59, der von Franz Teitzer in der Jägerzeile 4 und der von Mathias Zenk auf der Hauptstraße 38.

Josef Seiwerth hatte seine Fleischerei im Haus Jägerzeile 4 betrieben, das Geschäftslokal galt als besonders schön und gepflegt. Der k. k. Fleischselcher Seiwerth war vor der Jahrhundertwende in der Bindergasse in der Wiener Vorstadt Lichtenthal ansässig und stammte seinerseits aus Eisenstadt, wo er 1864 geboren worden war. 1897 ehelichte er Anna Pinter in Wien-Neulerchenfeld, 1914 scheint er dann bereits in Mannersdorf auf. Das Ehepaar Seiwerth hatte nur eine Tochter, Theresia, die später Mannersdorf verließ und so fehlte eine Nachfolge im Geschäft. Anna Seiwerth verstarb bereits 1934, ihr Mann Josef 1943. Franz Teitzer (1922-1995) übernahm daher den Fleischreibetrieb in der Jägerzeile, sein Neffe Franz Teizer führte das Geschäft dann bis zur Schließung vor wenigen Jahren.

Eduard Zenk betrieb seine Fleischerei an der Hauptstraße 38, er war der Sohn des Tobias Zenk und dürfte der erste Fleischermeister der Familie gewesen sein. Später übernahm Eduards Sohn Mathias Zenk den Betrieb. Nach dem Ende des Fleischereibetriebes wurde im Geschäftslokal die Blumenstube Zenk eingerichtet. Am Einfahrtsportal des Hauses ist bis heute am Keilstein das Zunftzeichen der Fleischhauer, zwei gekreuzte Beile, angebracht.

Im Haus Hauptstraße 59 befand sich zunächst die Fleischhauerei von Johann Sauer. Dieser war aus Lanzenkirchen gebürtig und Sohn des dortigen Fleischhauers Ignaz Sauer. 1892 hat Johann Sauer in Lanzenkirchen geheiratet und dürfte danach nach Mannersdorf gekommen sein, da hier 1894 Sohn Johann Georg zur Welt kam. Johann sen. führte den Betrieb bis zu seinem Tod 1922, danach übernahm Sohn Johann Georg, der ab 1926 mit Rosalia Spieß vermählt war und 1971 verstarb. Die Fleischerei wurde 1947 von Thomas Kögl übernommen, später führten sie Johann und Ernestine Kögl. Das Geschäftslokal der Firma Kögl wurde vor einigen Jahren geschlossen, heute betreibt die nächste Generation ein Cateringunternehmen.

Im Eckhaus Hauptstraße 94 war die Fleischerei von Josef Wenz untergebracht. Später wurde neben dem Haus von der Familie Teitzer eine zweite Filiale eröffnet – das Geschäft wurde vor einigen Jahren geschlossen.

 

Auch in Wasenbruck gab es einen Fleischhauer, die Firma Danzinger aus Götzendorf betrieb hier eine Filiale, die mehrmals die Woche zu fixen Geschäftszeiten geöffnet hatte, wie sich Johann Amsis erinnern kann. Einen Kühlschrank hatten die wenigsten Leute in den 1950er- und 1960er-Jahren, deshalb mussten die Kunden das Fleisch kurz vor der Verarbeitung kaufen. Im Winter war das kein Problem, aber in der wärmeren Jahreszeit musste das Fleisch so schnell wie möglich verarbeitet werden. Damals war Vinzenz Danzinger, der Chef, und sein Geselle „da Flual“ (Florian) im Geschäft. Sie brachten die Ware in Blechwannen mit dem Hanomag-LKW vom Götzendorfer Firmenstandort in die Filiale nach Wasenbruck. Fleisch, Würste, Speck, Leber, Geselchtes etc. wurde an der Wand auf den Haken aufgehängt. Wenn jemand Schnitzelfleisch wollte, wurde der Schopf vom Haken genommen und von Hand aufgeschnitten und in Papier eingepackt. Faschiertes gab es auch nicht fertig, es wurde von den großen Fleischstücken herunter geschnitten und gleich vor Ort faschiert. „Suppnbana“ und „Moachbana“ (Markknochen) wurden auf einem Hackstock mit dem Fleischerbeil zerkleinert. Im Verkaufsraum war gegen Wochenende ziemlich viel los, da Sonntag bei den meisten Familien Fleisch- bzw. Schnitzeltag war. Deshalb gab es oft längere Wartezeiten für die Kunden, für die älteren Leute wurden drei Hocker parat gehalten. „Diese Hocker waren wie ein Magnet für uns Kinder“, wie Johann Amsis erzählt. Es gab drei Stück davon, einen roten, einen blauen und einen hellgrünen. Die meisten Kinder liebten den roten Hocker und so gab es manche Rangelei um den begehrten Sitzplatz. „Eigentlich bin ich gar nicht so gerne mit meinen Eltern in das Geschäft gegangen“, meint Johann Amsis, „der Geruch vom rohen Fleisch und Blut war nicht angenehm, wenn da nicht der rote Hocker gewesen wäre“. Herr Danzinger und „da Flual“ waren sehr nette Leute, die Kinder haben daher ein Stück Extrawurst entgegengehalten bekommen – man wollte ja die künftigen Kunden zu braven Fleischessern erziehen.


Foto 1: Sautanz in Mannersdorf (Archiv Karl Trenker)

Foto 2: Sautanz bei der Familie Rossner (Archiv Karl Trenker)

Foto 3: Fleischerei Kögl im Jahr 2002 (Karl Trenker)

Foto 4: Werbeanzeigen der Mannersdorfer Fleischhauer in den 1950er-Jahren (Archiv Michael Schiebinger)

Foto 5: Fleischerei und Selcherei Seiwerth (später Teitzer/Teizer) (Archiv Karl Trenker)

Foto 6: Fleischerei Teizer im Jahr 2002 (Karl Trenker)

Foto 7: Filiale der Fleischhauerei Teitzer/Teizer im Jahr 2002 (Karl Trenker)