Online-Gschichtl Nr. 159

Die Betriebsfeuerwehr der Firma Hutter und Schrantz in Wasenbruck - Teil 1

Johann Amsis und Michael Schiebinger berichten uns diesmal in zwei Teilen über ein besonderes Stück Wasenbrucker Ortsgeschichte.

 

Die Feuerwehrgeschichte von Wasenbruck ist eine sehr spezielle und nahm, wie so vieles im Ort, ihren Anfang in der Fabriksniederlassung der Firma Hutter und Schrantz. Für diese wurde 1902 eine eigene Werks- bzw. Fabriksfeuerwehr gegründet. Bis zum Jahr 1905 leitete Georg Felix Lux die Wehr als Gründungskommandant. Lux war Jahrgang 1877 und stammte aus Grünberg/Zielona Góra in Preußisch-Schlesien (heute Polen). Bei Hutter und Schrantz war er als Buchhalter tätig und hatte 1903 Theresia Gottschy, Tochter des Mannersdorfer Glasermeisters, zur Frau genommen.

1905 übernahm Hans (Johann) Steinhuber das Kommando über die Betriebsfeuerwehr. Steinhuber war kurz zuvor nach Wasenbruck gekommen, wo er beruflich als Verwalter der Fabriksniederlassung tätig wurde. Er war 1878 in Wien geboren worden und verstarb 1940 in Wels. In Steinhubers Amtszeit wurde das 5-jährige Bestandsjubiläum der Betriebsfeuerwehr mit einem großen „Gründungsfest“ gefeiert. Über dieses berichtete der Brucker Bezirksbote am 18. August 1907 in ausführlicher Weise: „Obgenannte Feuerwehr, welche unter dem Kommando des Herrn Hauptmannes Hans Steinhuber und des Herrn Hauptmann-Stellvertreters Johann Navratil steht, feierte kürzlich das erste Gründungsfest. Aus allen Orten waren Leute erschienen, um an dieser schönen Feier teilzunehmen. Lebhaftes Interesse fand die Schauübung. Kaum dass man vom Beginn derselben hörte, prasselten auch schon mächtige Wassergarben auf das Dach eines zweistöckigen Wohnhauses nieder, so dass manche der Anwesenden frugen, wo es brenne. Feuerwehrleute aus den Orten Götzendorf, Pischelsdorf, Reisenberg, Hof, Mannersdorf usw. standen gruppiert umher und kritisierten lobend die einzelnen Vorgänge. Als sodann die Schauübung endete, hörte man einstimmiges Hochrufen, worauf in aller Gemütlichkeit der lustige Teil des Gründungsfestes fortgesetzt wurde, wobei auch die Erschienenen, mit Ausnahme derjenigen, welche auf dem Festplatze nicht mehr Raum fanden, auf ihre Rechnung kamen. Nicht unerwähnt dürfen schließlich die vorzüglichen Leistungen der Ebergassinger Arbeiterkapelle bleiben.“

Ihre erste Bewährungsprobe hatte die junge Feuerwehrtruppe bereits 1905 zu bestehen. Damals wurde die Fabrik erweitert und ein Kessel- und Maschinenhaus mit einer Dampfmaschine mit 300 PS Leistung errichtet. In einem anderen neu errichteten Trakt brach noch im Juli 1905 ein Feuer aus, das einen Schaden von gut 500.000 Kronen (heute etwa 3.500.000 Euro) verursachte. Der Schaden war immerhin zur Gänze von der Versicherung gedeckt. Der Wasenbrucker Schulchronik ist zu dem Geschehen folgendes zu entnehmen: „Am 30. Juli 1905 wurde um 2 Uhr früh Wasenbruck durch Feuerlärm aus dem Schlafe geweckt. Im 2. Stockwerk des neuen Fabrikstraktes, in dem die Großspinnerei untergebracht war, bemerkte man eine sehr starke Rauchentwicklung, welche zeitweilig von kleinen Feuerzungen und Flämmchen blitzartig erhellt wurde. Da man mit der Fabriksfeuerwehrspritze den Wasserstrahl nicht bis ins zweite Stockwerk hinauftreiben konnte und von den umliegenden Gemeinden die Feuerwehren erst eine Stunde später erschienen, so konnte man dem Zerstörungswerke des Feuers nicht Einhalt tun und das Objekt brannte in hellen Flammen. Die Maschinen fielen krachend in die Tiefe und schon war die höchste Gefahr vorhanden, dass der Brand sich auch auf den alten Trakt überwälzen werde. Unterdessen ereignete sich aber etwas Entsetzliches. Einige Meter südlich vom neuen Trakt stand das Azetylengashäuschen. Schon zu Beginn des Brandes wurde die Explosionsgefahr des Azetylengases besprochen und Herr Direktor Mutterer entschloss sich anzuordnen, dass das Gas entlassen, d. h. die Gasglocke entleert werde. Auf das hin dachte niemand mehr an die Gefahr einer Explosion; doch circa zehn Minuten vor 3 Uhr hörte man eine furchtbare Detonation, gleich darauf ein Geklirre und zur Erde fielen viele tausend Glasscherben, Balken, Bleche und dergleichen. Der Rest des in der Gasglocke sich befindlichen Gases ist explodiert, leider wurde auch ein Mann, der 62-jährige Fabriksarbeiter Michael Gludowatz, dabei sehr schwer verletzt. Erst nachher traf die Reisenberger Dampfspritze ein und lokalisierte den Brand. Später fanden sich auch die Feuerwehren von Mannersdorf und Pischelsdorf ein.“

Von 1907 bis 1911 wurde die Betriebsfeuerwehr von Kommandant Adolf Mathias Bong befehligt. Bong war Jahrgang 1878 und stammte aus Ostpreußen, er war bei Hutter und Schrantz Werksführer und Sohn des Werksleiters Mathias Bong. Seit 1905 war Adolf Bong mit Antonia Gottschy aus Mannersdorf verheiratet und wurde in der Zwischenkriegszeit Direktor einer Papierfabrik in Gloggnitz. 1911 folgte ihm Richard Obermann als Kommandant bei der Betriebsfeuerwehr Wasenbruck nach. Obermann war 1879 in Wien-Erdberg zur Welt gekommen.

Im Kriegsjahr 1918 wurde die Fabrik abermals von einem Großbrand heimgesucht. In der Wasenbrucker Schulchronik findet sich folgender Eintrag des Schulleiters zum Brandgeschehen: „In der hiesigen Filztuchfabrik für Papierfabrikation der Firma Hutter und Schrantz AG wütete Dienstag den 4. Juni 1918 ein Brand, der einen beträchtlichen Teil der großen Fabriksanlagen zerstörte. Der Brand wurde gegen halb 9 Uhr vormittags entdeckt. Um diese Zeit gewahrte Herr Otto Lacina, Beamter der hiesigen Fabrik, aus dem Dachboden des alten Fabriksgebäudes eine Flamme aufzucken. Fast im gleichen Augenblick schlugen bereits an mehreren Stellen Flammen empor und bald darauf brannte das Dachgeschoss lichterloh. Das Feuer konnte sich infolge des leicht brennbaren Materials ungemein rasch ausbreiten. Krachend stürzten die brennenden Balken hernieder und in die schweren Maschinen durchschlugen Decke für Decke und sausten mit ungeheurem Getöse in die Tiefe. Sofort wurden die Feuerwehren alarmiert und diese erschienen rasch auf dem Brandplatz. An der Löschaktion beteiligten sich folgende Wehren: Die Wasenbrucker Fabriksfeuerwehr (Feuerspritze), die Feuerwehr von Mannersdorf (Dampfspritze), die Feuerwehr von Mitterndorf (Benzinmotor), die Feuerwehr von Hof a./L. (Feuerspritze), die Feuerwehr von Reisenberg (Dampfspritze), die Feuerwehr von Ebergassing (Dampfspritze), die Fabriksfeuerwehr Ebergassing (Feuerspritze), die Feuerwehr von Pischelsdorf (Feuerspritze), die Feuerwehr von Götzendorf a./L. (Feuerspritze), die Militärfeuerwehr von Fischamend (Benzinspritze), die Feuerwehr von Au a./L. (Feuerspritze), die Feuerwehr von Seibersdorf (Feuerspritze) und die Feuerwehr von Sommerein (Feuerspritze). Obwohl sich die Wehren mit größter Aufopferung bemühten, den Brand einzudämmen und auch das Militär tatkräftig eingriff, fiel das sogenannte alte Fabriksgebäude zur Gänze dem Feuer zum Opfer. Es gelang jedoch ein weiteres Umsichgreifen zu verhindern; das Kontor (Zahlungsstelle) sowie die Wohnung des Direktors Berthold Mutterer, die sehr gefährdet waren, konnten gerettet werden. Um 3 Uhr war der Brand gelöscht, es blieb jedoch eine starke Brandwache auf dem Platze.“

Der Großbrand machte auch den Bewohnern der umliegenden Fabrikswohnhäuser zu schaffen und sorgte für chaotische Zustände, wie die Schulchronik weiter Auskunft gibt: „Die Einwohner ergriff furchtbare Panik. Die meisten räumten ihre Wohnungen aus und bequartierten sich auf der Wiese oder in der Au. Der Schaden ist außerordentlich groß, da es sich um Maschinen und Rohmaterialien handelt, die jetzt in der Kriegszeit überhaupt nicht ersetzt werden können. Die Papierfabrikanten sind durch den Brand empfindlich getroffen, da die meisten Papierfabriken von der Wasenbrucker Fabrik Hutter und Schrantz mit Material versorgt werden. Menschenleben sind gottlob keine zu beklagen. Eine Arbeiterin (Franziska Eichinger) erhielt schwere Brandwunden, einem Feuerwehrmann wurde durch einen herabstürzenden Balken der Helm eingeschlagen. Der Mann wurde bewusstlos vom Brandplatze getragen. Beide Personen sind jedoch bald vollständig genesen. Ein Zufall wollte es, dass an dem Tage des Feuerausbruches zufällig der Chef der Firma Herr Otto Schrantz in Wasenbruck weilte, der sich mit Todesverachtung an der Rettungsaktion beteiligte.“

Der Schutt und die Balken der 1918 abgebrannten Fabriksgebäude wurden gegenüber dem Fabriksgelände, hinter dem nachmaligen Parkplatz, in der Au abgelagert. In den 1960er-Jahren konnte man diesen Schutt trotz Überwucherung noch immer erkennen – heute stehen dort die Genossenschaftswohnhäuser.

Fortsetzung folgt …

Foto 1: Die Feuerwehrmannschaft im Jahr 1907 (Brucker Bezirksbote, 18. August 1907)

Foto 2: Ein erhaltener Helm und ein Feuerhaken der Betriebsfeuerwehr (Helga Thiel)

Foto 3: Wappenschild am Feuerwehrhelm (Helga Thiel)

Foto 4: Bericht über den Großbrand von 1905 (Brucker Bezirksbote, 6. August 1905)

Foto 5: Feuerwehrmann Georg Seitz aus Wasenbruck, um 1910/20 (Wasenbrucker Heimatseite)

Foto 6: Bericht über den zweiten Großbrand 1918 (Mitteilungen des n.-öst. Landes-Feuerwehr-Verbandes, Heft 6, 1918)