Online-Gschichtl Nr. 166

Der Weinbau in Mannersdorf - Teil 2

Im zweiten Teil zum Weinbau blickt Heribert Schutzbier diesmal auf die Entwicklung ab dem 18. Jahrhundert.

 

1691 wurde den Mannersdorfer Bauern das Privileg von 1670 bestätigt. Sie erhielten dazu die Begünstigung, von ihrem zum Verkauf nach Wien gebrachten Wein keinen „Illuminationsaufschlag“ zu entrichten, der zur Finanzierung der damals noch neuen Wiener Straßenbeleuchtung diente. Das bedeutete für die Scharfenecker Untertanen große finanzielle Erleichterungen. 1703 bestätigte Kaiser Leopold I. die Vergünstigung neuerlich. Aufzeichnungen belegen, wie intensiv damals der hiesige Weinbau betrieben wurde, dass die Bauern ihre Weine sogar „exportieren“ konnten. Die Vergünstigungen galten jedoch nur für jenen Wein, der im Bereich der Herrschaft Scharfeneck geerntet wurde, nicht aber für Weine, die von jenseits des Leithagebirges stammten. Die Weinfässer, in denen der Eigenbauwein aus der Herrschaft über die Leitha transportiert wurde, mussten deshalb mit einem Brandzeichen versehen werden.

So sind die Klagen des Dreißigers (Zollbeamter) aus dem Jahr 1693 über die Sommereiner und Mannersdorfer, die einen Weg gefunden hatten, diese Vorschriften zu umgehen, verständlich. Die Sommereiner und Mannersdorfer führen über 1.000 Eimer Wein (mehr als 56.000 Liter) über die Zollgrenze der Leitha und zahlen nichts. Die Brandzeichen zum Bezeichnen der Fässer erfüllen scheinbar auch nicht ihren Zweck. Die Untertanen fahren mit gebrannten Fässern über die Leitha, leeren sie aus, kommen zurück, füllen sie wieder an und fahren wieder aus und sagen, aller Wein wäre eigenes Baugut. Das machen sie im Jahr zehn- bis zwanzigmal. Sie karren Tag und Nacht Wein nach Wien, so dass mancher, der etwa 3 oder 5 Eimer eigenes Baugut hat und beim Dreißiger anmeldet, 50 bis 60, ja 100 Eimer Wein über den Berg und über die 6 Brücken, auch auf anderen Durchfahrten (z.B. Sarasdorfer Furt), über die Leitha fährt und ohne Wissen des Dreißigers versilbern kann. Der Schaden beträgt jährlich wohl an die 1000 Gulden. Das Brandgeld für das Brennen der Fässer macht in Mannersdorf 60 Gulden, in Sommerein 55 Gulden und in Hof 35 Gulden. Der Weinschmuggel scheint damals also ein recht einträgliches Geschäft gewesen zu sein und trug gewiss viel zur Aufbesserung des Lebensunterhaltes der herrschaftlichen Untertanen bei.

1743 wurde dem Weinbau in Mannersdorf ein bleibendes Denkmal gesetzt. Es handelt sich um den Maria-Theresien-Obelisk an der Kreuzung Steinbruchstraße/Zwischen den Weingärten. Er erinnert daran, dass Maria Theresia mit ihrem Gemahl Franz Stephan und kleinem Gefolge damals an einer Weinlese teilgenommen hatte. Drei Inschrifttafeln künden von diesem außergewöhnlichen Ereignis.

1748 erschien der „Niederösterreichische Land-Compass“ von Sixey. In diesem Werk wird der Mannersdorfer Wein neben dem von Reisenberg, Bruck, Trautmannsdorf und Sommerein zu den so genannten „mittleren Weinen des Viertels unter dem Wienerwald“ gezählt. Welchen Umfang der Weinbau im Mannersdorf und Umgebung um die Mitte des 18. Jahrhunderts erreicht hatte, zeigt uns die so genannte Walterkarte aus dem Jahr 1755, in der die Weingärten eingezeichnet sind. Auch das Deckenfresko im Maria-Theresien-Saal des Schlosses Mannersdorf (um 1730/40) vermittelt ein anschauliches Bild vom Weinbau in unserer Gegend. 1784 wird die Mannersdorfer Lese auf 3.000 Eimer geschätzt, wovon die Herrschaft 250 Eimer als Zehent erhält. Am 24. August 1799 gab es in Mannersdorf ein starkes Unwetter mit heftigem Hagelschlag. Neben großen Schäden im Ort und an den Obst- und Gemüsekulturen wurde auch das „Weingebürge“ so hart getroffen, dass etwa die Hälfte der Weinstöcke verwüstet wurden. Im Jahr darauf (1800) gab es daher wenig, aber guten Wein.

Die Eintragungen über den Wein im Mannersdorfer Pfarrgedenkbuch beschäftigen sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem mit Wetterphänomenen und der Güte des Weines. Über die Menge wird nur allgemein berichtet, detaillierte Mengenangaben fehlen aber. Ausnahmsweise wird auch über den Preis berichtet. Dennoch zeigen sie, dass der Weinbau auch im 19. Jahrhundert für unsere Gegend von großer Bedeutung war und geben Aufschluss über die allgemeine Wirtschaftslage der Bauern.1803 wuchs der Wein schlecht und war wenig. 1804 vernichteten späte Fröste, Hagel und Mehltau große Teile der Ernte. Wein gab es deshalb wieder wenig, seine Qualität war aber mittelmäßig. Auch 1805 war ein schlechtes Weinjahr. Obwohl die beiden vorhergegangenen Jahre bereits schlechte Weinjahre waren, so kann man behaupten, dass in diesem Jahr überhaupt kein Wein wuchs. „Das Zeug taugte kaum zu einem schlechten Essig“, wie sich Pfarrer Anton Schindler ausdrückte. 1806 bis 1808 waren vortreffliche Weinjahre, Weinlese und Most fielen gut aus. Der Weinpreis erreichte Spitzenwerte von 12 bis 14 Gulden, im Fasching 1808 sogar bis zu 20 Gulden pro Eimer. Nach einer mittelmäßigen Weinernte 1810, war 1811 wieder ein gutes Weinjahr. So konnten sich die Bauern nach den sehr belastenden Einquartierungen des Jahres 1809 durch Napoleons Truppen und trotz der weiter anhaltenden Kriegszeit wirtschaftlich etwas erholen. Doch Staatsbankrott und Geldentwertung ließen keine nachhaltige finanzielle Entspannung zu. In den folgenden Jahren bis 1821 gedieh der Wein wieder schlecht. 1825 wurden am „Seeschlachtl“ neue Weingärten ausgesetzt. Gemeint sind vermutlich die etwas höher gelegenen Randzonen der damals noch sehr feuchten Flur. Am 13. und 14. Mai 1831 („Eisheilige“) wurde der Wein durch Reif vernichtet. 1833 erfreute die Menge des Weines zwar die Hauer, seine Qualität aber kaum. 1834 dagegen war der Wein wieder sehr gut und sehr reichlich. Dafür gab es 1836 wieder Maifröste, die den Weinkulturen stark zusetzten. Auch in den Jahren danach wechseln gute und schlechte Weinjahre fast regelmäßig. Auf ein, zwei gute Jahre folgen meist mehrere schlechte.

In den 1860er-Jahren wurde der jährliche Beginn der Weinlese von der Gemeinde festgelegt. Üblicherweise begann die Lese Mitte bis Ende Oktober. Wer früher anfing, musste Bußgeld bezahlen. 1868 trat die Reblaus erstmalig in Österreich auf, erreichte 1891 ihren Höhepunkt und konnte erst nach 1900 überwunden werden. Dieses flächendeckende Auftreten des Schädlings brachte auch den Weinbau in Mannersdorf und Umgebung zum Erliegen. Später konnte trotz vielfältiger Bemühungen nicht mehr an die große Zeit der hiesigen Weinwirtschaft angeschlossen werden. Zur großzügigen Umstellung auf widerstandsfähigere amerikanische Trägersorten fehlte einerseits das Geld, anderseits war die Konkurrenz der Weine von der Thermenlinie, der Wachau und des Burgenlandes zu groß.

Nach einer mündlichen Überlieferung wurde in der Zwischenkriegszeit in Wien in einem Lokal noch Wein aus Sommerein ausgeschenkt, der als „Pirschleitner“ bezeichnet wurde. Er soll spritzig, fruchtig, säurereich und sehr trocken gewesen sein. Ob er tatsächlich von der angegebenen Ried stammte, kann nicht mehr verifiziert werden. Die „Pirschleiten“ liegt auf einem flachen Geländerücken, der sich zwischen Mannersdorf und Sommerein am Ostrand der Tongrube in nordwestliche Richtung erstreckt und daher von Südwesten mehr Sonne und weniger kühlen Winden ausgesetzt ist.

 

Auch heute gibt es zwischen Sommerein, Mannersdorf und Hof noch einige Weingärten, die aber wirtschaftlich kaum eine Rolle spielen. Nach dem Zweiten Weltkrieg schenkten Mannersdorfer Bauern zeitweise in improvisierten Heurigenlokalen eigenen Wein aus. Er war sehr naturbelassen, über seine sonstigen Qualitäten gibt es noch heute geteilte Meinungen. Heute erinnern in Mannersdorf außer dem Maria-Theresien-Obelisk und dem Deckenfresko im Maria-Theresien-Saal nur mehr die Pestsäule, um deren Schaft sich ein Weintraubenrelief schlingt, der Straßenname „Zwischen den Weingärten“ und die Flurbezeichnung „Bei den fünf Vierteln“ links der Straße nach Hof an die einstige Blütezeit des hiesigen Weinbaues.

Foto 1: Weinernte und -erzeugung im 18. Jahrhundert, Freskoausschnitt, Maria-Theresien-Saal, Schloss Mannersdorf (Hans Amelin)

Foto 2: Pestsäule mit den Weinranken umwunden, 1928 (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 3: Maria-Theresien-Obelisk, 1926 (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 4: Mannersdorf mit der Ried "Zwischen den Weingärten" (ÖNB/AKON, AK035_073)

Foto 5: Weinkeller des Gasthauses Lukowitsch (Windisch) (Archiv Hans Amelin)