Online-Gschichtl Nr. 173

Pfarrer Johann Sobotka

Die Serie der Lebensporträts der Mannersdorfer Pfarrer ist vor einigen Monaten bei Wilhelm Baukhage angelangt. Diesmal widmet sich Michael Schiebinger dem Leben und Wirken von Pfarrer Johann Sobotka, einer nicht unumstrittenen Persönlichkeit der Zwischenkriegszeit.

 

Pfarrer Wilhelm Baukhage war krankheitsbedingt im Oktober 1929 in den Ruhestand getreten, die Pfarrstelle von Mannersdorf war so vakant geworden und sollte mit Johann Sobotka nachbesetzt werden. Über Sobotkas Herkunft und seine Jugend konnte vorerst nicht mehr in Erfahrung gebracht werden, als dass er aus Wien gebürtig war und 1899 zur Welt kam. 1921 wurde Sobotka zum Priester geweiht und übernahm mit 1. September desselben Jahres die Kooperatorenstelle in der Pfarre Ebenfurth. Bereits im Folgejahr wurde er dann als Kooperator von Ebenfurth nach Enzesfeld versetzt. Noch 1922 kam er nach Wiener Neustadt und von dort 1924 als Kooperator in die Pfarre Alt-Simmering – ein derart rascher Wechsel der Wirkungsorte war für Neupriester durchaus üblich.

Im September 1925 wurde Sobotka dann in Wienerherberg mit seiner ersten Pfarrstelle betraut. 1929 polterte die sozialdemokratische Volkspost gegen den jungen Geistlichen, der dem Schreiber des Artikels zu aktiv im Gemeindeleben mitmischte. Auch dürfte Sobotka aus seiner Abneigung zur Sozialdemokratie keinen Heel gemacht haben, was zur Gegenreaktion via Zeitungsschelte führte. Der hochwürde Herr soll überdies kritische Reden bei sozialdemokratischen Versammlungen gehalten haben. Mit 24. Juni 1930 wurde Sobotka als Pfarrer von Wienerherberg auch zum Provisor für die Pfarre Rauchenwarth bestellt.

Am 1. November 1930 wurde Johann Sobotka dann als neuer Pfarrer von Mannersdorf investiert. Es ist auffällig, dass Sobotka stets in „roten Hochburgen“ tätig wurde – es scheint so, als wollte er bewusst „Missionsarbeit“ leisten. Nach der Übernahme seines Amtes in Mannersdorf bemühte sich Pfarrer Sobotka um die bestehenden pfarrlichen Vereine. In der sozialdemokratisch geprägten Marktgemeinde hatte das katholisch-konservative Lager keinen guten Stand, die politischen Verwerfungen der Zwischenkriegszeit zeigten sich auch hier auf dem Land. Den diversen sozialdemokratischen Vereinen sollten jene der katholischen Pfarre entgegentreten. Noch 1930 wurde eine Pfarr- und Vereinsbücherei gegründet, so brach man das „Monopol“ der sozialdemokratischen Gemeindebücherei. Mit der Gemeindeführung hat es sich Pfarrer Sobotka gleich verscherzt, als er die Einleitung des elektrischen Lichtes in die Pfarrkirche gefordert hatte.

Pfarrer Sobotka ging nun daran in Mannersdorf ein eigenes katholisches Vereinsheim mit einem Pfarrkindergarten zu errichten. Das war ein deutliches bauliches Statement, die Kirche wollte im „Roten Mannersdorf“ ein Zeichen setzen. Der Vereinsheimbau war daher ideologisch aufgeladen und dürfte bei der politisch entgegengesetzt orientierten Gemeindeführung wohl kaum auf große Gegenliebe gestoßen sein. Um die finanziellen Mittel für das Vereinsheim aufzubringen führte man monatliche Haussammlungen durch. Es wurde das Grundstück an der Jägerzeile 15 angekauft und mit der Ausführung des Baues begonnen. Die Pläne für das Vereinsheim dürften, wie Heribert Schutzbier 1998 in den Stadtnachrichten ausführte, von Karl Holey entworfen worden sein. Holey war alles andere als unbekannt, er war damals einer der führenden Kirchenbauarchitekten Österreichs. Nach den Projekten von Kaym und Hetmanek (Thermalbad, Rathaus, Pfarrhof und Haydn-Denkmal) bekam Mannersdorf so einen weiteren Bau eines bedeutenden Wiener Architekten. Bereits während der Bauausführungen offenbarten sich die damaligen Spannungen zwischen den Lagern, da offenbar Gegner des Projektes immer wieder frisch gelegte Ziegelreihen von den Mauern entfernten und so den Baufortgang zu sabotieren versuchten.

Am 16. August 1931 konnte die Einweihungsfeier des Mannersdorfer Vereinsheimes stattfinden, gekommen waren über 1000 Gäste, darunter auch 22 auswärtige Vereine. Am Vorabend war man sogar mit einem Fackelzug durch den Markt gezogen, so wurde die Eröffnungsfeier zu einer politisch-kirchlichen Manifestation. So mancher politische Gegner hat es auch als Drohgebärde oder Provokation empfunden. In der sozialdemokratischen Volkspost wurde ein ziemlicher Verriss der Feier abgedruckt. So wurde über den angeblich schlecht besuchten Fackelzug gespottet und den „Kerzelweibern“ ihre Freude am Festzug gegönnt. Pfarrer Sobotka hätte in seiner Rede das Vereinshaus als Stätte bezeichnet, von dem aus der „Sieg in Mannersdorf errungen werden wird“. Und auch die mangelnde Spannung der Festreden wurde bemängelt, hätte sich doch währenddessen der katholische Burschenverein bei der Bierschank zum „Saufen und Streiten“ getroffen. Im September 1931 wurde jedenfalls der Kindergartenbetrieb mit gut 100 Kindern aufgenommen, die Leitung trugen die „Armen Schulschwestern“ aus Wien. Im gleichen Monat kam es im Saal des Gasthauses Kopper zu einer Versammlung, bei der Bürgermeister Josef Haidn und Otto Tschadek in Reden gegen die Pfarrumlage für die geplante Kirchenrenovierung Stimmung machten. Pfarrer Sobotka war ebenfalls anwesend und hielt eine Rede, die im Gelächter des Publikums unterging. Die Fronten der beiden großen politischen Lager waren damals stark verhärtet und so waren Bürgermeister und Pfarrer zu deutlichen Gegenspielern geworden.

Ab März 1933 wurde unter Engelbert Dollfuß schrittweise die Demokratie in Österreich ausgeschaltet, gegen die politischen Gegner vorgegangen und die austrofaschistische Ständestaatdiktatur etabliert – eine Stütze der Diktatur war damals die katholische Kirche. Auch in Mannersdorf wurde die gewählte, sozialdemokratisch dominierte Gemeindevertretung abgesetzt und an ihrer Stelle ein ernannter „Gemeindetag“ eingesetzt. Pfarrer Sobotka wurde mit 27. Dezember 1934 Mitglied des Mannersdorfer Gemeindetages, da für alle Ortsgeistlichen ein Sitz in diesem Gremium vorgesehen war. Er dürfte nun seine Rolle gestärkt gesehen haben, dies zeigt sich bereits darin, dass ab 1934 durch ihn im Wasenbrucker Kinderheim Gottesdienste abgehalten wurden – also in einer Institution, die bisher sozialdemokratisch geprägt war. In Mannersdorf war wiederum die große Renovierung der Pfarrkirche abgeschlossen worden, die Pfarrer Sobotka doch noch durchsetzen konnte. Das erst 1925 kirchlich eingeführte Christkönigsfest fand seinen Widerhall in einem neuen, monumentalen Deckenbild im Langhaus der Pfarrkirche. Die Darstellung hat die Phantasie vieler Mannersdorfer Kinder angeregt, noch heute trauern einige dem später wieder übertünchten Werk nach. Anlässlich der Wiedereinweihung der Pfarrkirche am 14. Oktober 1933 kam Erzbischof Theodor Kardinal Innitzer nach Mannersdorf. Am 14. Juni 1934 besuchte Innitzer abermals dem Marktflecken zu einer Pfarrvisitation. Er wurde mit einer Prozession empfangen und von den ständestaatlichen Gemeindehonoratioren begleitet. Ein weiterer Besuch eines hohen Geistlichen fand 1935 in Wasenbruck statt, als Weihbischof Franz Kamprath in der dortigen, provisorischen Gottesdienststätte zu Gast war. Auch Sobotkas politische Stellung wurde weiter gefestigt, der Geistliche wurde im Jänner 1935 vom Gemeindetag in die Finanz- und Sanitätskommission entsandt. Dennoch verließ Sobotka noch im selben Jahr Mannersdorf, die Gründe dafür sind vorerst nicht zu eruieren. Als Nachfolger wurde zunächst Josef Weisböck zum Provisor der Pfarre bestellt. Johann Sobotka selbst wurde am 1. November 1935 als Pfarrer von Oberleis im Weinviertel investiert, wo zuvor Weisböck Provisor gewesen war. Bis 1941 fungierte Sobotka auch als Kämmerer des Dekanats Ernstbrunn, danach wurde er zum Pfarrverweser von Gloggnitz bestellt. Die dortige Pfarrstelle hatte Sobotka bis 1951 inne und feierte dort auch 1949 sein silbernes Priesterjubiläum. Nach seiner Resignation als Pfarrer von Gloggnitz übernahm Sobotka die Seelsorge am Badener Krankenhaus.

 

1961 und 1964 war Sobotka, inzwischen zum Geistlichen Rat ernannt, als provisorischer Seelsorger in der Pfarre St. Anton am Flugfeld in Wiener Neustadt tätig. 1971 feiert er sein goldenes Priesterjubiläum. Johann Sobotka verstarb am 13. Mai 1983 kurz nach seinem 84. Geburtstag. Als Geistlicher wirkte Pfarrer Sobotka nur wenige Jahre in Mannersdorf, dennoch hatte er nachhaltige Spuren hinterlassen, die heute die Ambivalenz der Zwischenkriegszeit deutlich vor Augen führen.

Foto 1: Pfarrer Johann Sobotka (Archiv Familie Gottschy)

Foto 2: Unterschrift des Pfarrers (Matricula, Pfarre Mannersdorf, Trauungsbuch 1928-38)

Foto 3: Kath. Vereinsheim (Kindergarten) in der Jägerzeile (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 4: Ständestaatlicher Gemeindetag mit Bürgermeister Karl Gottschy und Vizebürgermeister Leopold Pless (sitzend), rechts stehend Pfarrer Johann Sobotka als Mitglied des Gremiums (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 5: Pfarrkirche Mannersdorf nach der Renovierung unter Pfarrer Sobotka, um 1933 (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 6: Begrüßungskomitee für Erzbischof Theodor Kardinal Innitzer, der am 14. Oktober 1933 zur Wiedereinweihung der Pfarrkirche nach Mannersdorf kam (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 7: Bischöfliche Visitation 1934, Pfarrer Sobotka mit Kardinal Innitzer (Archiv Karl Trenker)

Foto 8: Bischöfliche Visitation 1934, Kardinal Innitzer mit den Mannersdorfer Honoratioren (Pfarrer Sobotka, 1. Reihe, stehend, Vierter v. links) (Archiv der Familie Gottschy)