Online-Gschichtl Nr. 192

Josef Kopetzky - Vizebürgermeister des "Roten Mannersdorf"

Während Bürgermeister Josef Haidn noch heute als führende Persönlichkeit des „Roten Mannersdorfs“ der Zwischenkriegszeit bekannt ist, geriet sein langjähriger Mitstreiter und Stellvertreter Josef Kopetzky in Vergessenheit. Ihm widmet Michael Schiebinger daher das heutige Online-Gschichtl.

 

Josef Kopetzky kam am 15. Jänner 1871 in Mannersdorf im Haus Nr. 166 (Am Berg 4) zur Welt. Er war der Sohn des gleichnamigen Steinmetzgesellen Josef Kopetzky, dessen Vater bereits in diesem Handwerk tätig war. Elisabeth Kopetzky, die Mutter von Josef jun. war wiederum die Tochter von Johann Morigge, einem „Werksführer“ in der Leonischen Drahtzugfabrik der Fa. Cornides. Josef Kopetzkys Eltern hatten sich erst 1870 vermählt, sodass Josef das erste Kind der jungen Familie wurde. Die Familie Kopetzky ist dabei nicht mit jenen beiden anderen gleichen Namens zu verwechseln, die um 1900 von Böhmen nach Mannersdorf zugezogen waren.

Josef Kopetzky wird seine Schulausbildung in Mannersdorf absolviert haben. Er wuchs wohl in einfachen Verhältnissen, im Arbeitermilieu des Marktfleckens auf. Da Großvater Johann Morigge in der Drahtzugfabrik beschäftigt war, die von der Fa. Cornides betrieben wurde, könnte der Enkelsohn über ihn einen Posten im Werk vermittelt bekommen haben. Josef Kopetzky war jedenfalls vor der Jahrhundertwende als Fabriksarbeiter bei der Fa. Cornides beschäftigt.

Am 6. September 1896 nahm der 25-jährige Josef Kopetzky in der Pfarrkirche Wien-Reindorf Maria Gaupmann zur Frau. Die Braut war Handarbeiterin aus Mannersdorf und die Tochter des Maschinenwärters Georg Gaupmann. Das Paar dürfte sich wohl bei der Arbeit in der Drahtzugfabrik kennengelernt haben, warum beide in Wien-Reindorf heirateten, bleibt aber offen. Das Familienglück stellte sich nach einiger Zeit ein, 1898 kam Sohn Friedrich zur Welt, er sollte später Bahnbediensteter werden und Josefa Gubier heiraten. 1899 folgte die Geburt von Tochter Rosa, die 1925 den Gendarmen Artur Janele aus Bad Sauerbrunn zum Mann nehmen sollte.

Über Kopetzkys weitere Jahre während der Monarchie konnte bisher nichts in Erfahrung gebracht werden. Seinem Alter gemäß dürfte er wohl am Ersten Weltkrieg teilgenommen haben. Auch ein politisches Engagement im Bereich der Mannersdorfer Arbeiterschaft muss angenommen werden, da Kopetzky nach 1918 rasch in politische Ämter aufstieg.

Bei der ersten, freien und gleichen Gemeinderatswahl in der jungen Republik konnten die Mannersdorfer Sozialdemokraten im Jahr 1919 13 der 18 Mandate für sich gewinnen. Die bisher konservativ regierte Marktgemeinde bekam so mit Franz Zerzawy den ersten sozialdemokratischen Bürgermeister. Zu dessen Stellvertreter wurde vom Gemeinderat Josef Kopetzky gewählt. Bei den Gemeinderatswahlen 1921 und 1924 bauten die Sozialdemokraten ihre Mehrheit aus, Josef Kopetzky wurde beide Male in seinem Amt als Vizebürgermeister bestätigt. Seit dem Bürgermeisterwechsel von 1921 stand er Josef Haidn als Stellvertreter zur Seite. Kopetzky übernahm im Gemeinderat zudem die Leitung des Finanzausschusses und des Ortsschulrates. Auch wirkte er in der Elektrizitätswerkkommission mit.

Im „Roten Mannersdorf“ der 1920er-Jahre hatten sich verschiedene Parteiorganisationen der Sozialdemokraten und ihnen nahestehende Vereine gegründet. Die Leitungsfunktionen wurden dabei von den führenden Parteifunktionären übernommen. In den 1920er-Jahren war Josef Kopetzky bspw. Obmann der Mannersdorfer Kinderfreunde. Zudem wurde er Obmann und Geschäftsführer der Konsum- und Spargenossenschaft Mannersdorf. Diese hielt im Saal des Gasthauses Kopper jährlich ein Vereinsfest ab, bei dem Kopetzky die Federführung übernahm. Er hatte aber auch Ehrenämter, wie den Vorsitz bei den Hauptversammlungen der Freiwilligen Feuerwehr inne und vertrat Mannersdorf im Bezirksfürsorgerat.

Bürgermeister Josef Haidn hatte folglich einige wesentliche Funktionen in der Gemeinde- und Pateiarbeit seinem Stellvertreter übertragen und nicht selbst wahrgenommen. Womöglich war diese Ämterdualität in der Herkunft der beiden Protagonisten begründet. Haidn war ja Oberlehrer und führte eine durchwegs bürgerliche Lebensweise, während Kopetzky aus der Arbeiterschaft stammte und diese mit ihm vielleicht stärker repräsentiert werden sollte.

Als am 23. Jänner 1926 das gemeindeeigene Elektrizitätswerk mit einer „Lichteröffnungsfeier“ seiner Bestimmung übergeben wurde, fungierte Vizebürgermeister Kopetzky als Festredner, während Bürgermeister Josef Haidn die Inbetriebnahme vollzog. Auch hier ist eine enge Zusammenarbeit des Duos Haidn und Kopetzky feststellbar. Kopetzky richtete seine damaligen Worte an die vor dem (Alten) Rathaus versammelte Bevölkerung, die dem kalten Winterwetter trotzte.

Die politischen Spannungen der Zwischenkriegszeit zeigten sich auch in Mannersdorf, wo die sozialdemokratische Gemeindeführung in deutlicher Opposition zum konservativen Lager und zur Katholischen Kirche stand. Im November 1930 war Johann Sobotka Pfarrer von Mannersdorf geworden. Ihm war politische Agitation nicht fremd und so polterte der Geistliche gerne gegen die Sozialdemokraten. So nimmt es nicht Wunder, dass führende Vertreter der Arbeiterschaft demonstrativ aus der Katholischen Kirche austraten – Vizebürgermeister Kopetzky tat dies im Jahr 1931, wie in den Matriken vermerkt ist.

Josef Kopetzkys 15 Jahre währendes Wirken als Vizebürgermeister nahm mit der Etablierung der Ständestaatdiktatur unter Engelbert Dollfuß ein Ende. Im Februar 1934 wurde der demokratisch gewählte Mannersdorfer Gemeinderat durch die Maßnahmen des austrofaschistischen Ständestaats aufgelöst und der Christlichsoziale Karl Gottschy von der Landesregierung zum Gemeindeverwalter bestimmt. Josef Kopetzky verlor gemeinsam mit Bürgermeister Haidn und den anderen sozialdemokratischen Gemeinderäten sein Mandat und sein Amt. Die Mannersdorfer Sozialdemokraten waren nunmehr in den politischen Untergrund gedrängt. Dennoch konnte Josef Kopetzky weiterhin für die Konsumgenossenschaft tätig bleiben, die offenbar von den Zwangsauflösungen verschont wurde. Erst 1937 trat Kopetzky wieder öffentlich in Erscheinung, als er einer der Trauerredner beim Begräbnis des verunglückten Leiters des gemeindeeigenen Elektrizitätswerkes, Franz Kögler, war.

 

Über die letzten Lebensjahre Kopetzkys konnte bisher kaum etwas in Erfahrung gebracht werden. Seines Alters wegen musste er sicherlich nicht mehr in den Kriegsdienst einrücken. Im Jahr 1941 verstarb seine Gattin Maria. Josef Kopetzky erlebte noch das Ende des NS-Regimes und des Zweiten Weltkrieges sowie die ersten Jahre der Besatzungszeit. Im hohen Alter von 82 Jahren verstarb Josef Kopetzky am 24. Februar 1953 in Mannersdorf. Seine Grabstätte ist noch heute an der südlichen Friedhofsmauer gelegen. Trotz intensiver Recherche konnte bisher kein Porträtfoto Josef Kopetzky eruiert werden, er dürfte aber auf einigen zeitgenössischen Mannersdorfer Aufnahmen mit abgebildet worden sein.

Foto 1: Gruppenbild der Ortsgruppe der Sozialdemokratischen Jugend (VSAJDÖ) mit den damaligen Parteifunktionären, um 1920 (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 2: Bericht zur "Lichteröffnungsfeier" mit Vizebürgermeister Josef Kopetzky, 1926 (Die Volkspost)

Foto 3: Das festlich beleuchtete Rathaus zur "Lichteröffnungsfeier", 1926 (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 4: Grabstätte von Vizebürgermeister Josef Kopetzky am Mannersdorfer Friedhof (Michael Schiebinger)