Online-Gschichtl Nr. 33

Mannersdorfer Bestattungsorte und -kultur

In unserer heutigen Gesellschaft gibt es noch immer Themen, über die nicht gerne gesprochen wird – dazu zählt auch das Sterben, der Tod und wie der letzte Weg aussehen soll. Dieser Endpunkt oder Anfang – je nach Überzeugung – wird stets am Rande angesprochen und ist doch ein Teil unseres Lebens. Michael Schiebinger wirft daher einen Blick auf die Mannersdorfer Bestattungsgeschichte und -kultur.

Bestattungsorte gibt es in unserer Stadt mehr, als man denken möchte, die meisten sind durch archäologische Grabungen entdeckt worden und stellen Bestattungen der Ur- und Frühgeschichte dar. Blickt man ein wenig weiter „herauf“ in das Mittelalter, so befanden sich die Bestattungsplätze auch in unserer Gegend in unmittelbarer Nähe zur Pfarrkirche. Der meist mit einer Mauer oder einem Gatter umgebene Platz war der Kirchhof oder „Frithof“. Die wohlhabenden Gemeindebürger konnten sich die begehrten Plätze an der Kirche oder an der Umfassungsmauer leisten, während sich die ärmeren Leute mit dem Platz dazwischen begnügen mussten. Auch der Kircheninnenraum bot Platz für Beisetzungen in zumeist gemauerten Grüften, hier warteten vor allem betuchte Verstorbene auf die „fröhliche Auferstehung“, wie auf mancher Grabinschrift zu lesen ist. Die Kirchengrüfte wurden entweder durch die sie verschließenden Platten gekennzeichnet oder um Wandgrabmäler (Epitaphe) in unmittelbarer Nähe dazu ergänzt. Die Gestaltung spiegelt dabei natürlich die jeweilige Entstehungszeit wider. Im Zuge der Kirchengrabung in den 1970er-Jahren konnten die gemauerten Grüfte und die Erdgräber unter der Mannersdorfer Pfarrkirche untersucht werden. Die hier bestatteten waren in verschiedenen Jahrhunderten beigesetzt worden, es waren Pfarrer, aber auch hier verstorbene, adelige Kurgäste – wobei eine höhere Anzahl an Pesttoten darunter waren. Erst Joseph II. machte mit seiner aufgeklärten Reformpolitik Schluss mit den Bestattungen in den Kirchenräumen, zumal diese auch aus hygienischen Gründen zweifelhaft waren und für manche Geruchsbelästigung sorgten. Zwar hielt das Gruftverbot nicht lange, in Mannersdorf wurden aber nach dem 18. Jahrhundert keine neuen Beisetzungen in der Pfarrkirche vorgenommen.

Der Mannersdorfer Friedhof wiederum erstreckte sich zunächst nur um die Kirche, im 18. Jahrhundert gab es wohl unzählige steinerne Grabdenkmäler, deren letzte Zeugen dann später als Baumaterial für die Friedhofsmauer dienten. Noch heute sind eingemauerte Steinkreuze rechts des Torbogens zu sehen. Der lokale Kalkstein bot sich ja in vielfacher Hinsicht als Material an. Im Biedermeier des frühen 19. Jahrhunderts wurden elegant-schlichte, klassizistische Grabmäler errichtet, von denen sich wenige im Kirchturmbereich erhalten haben. Im späteren 19. Jahrhundert setzten sich auch die Gusseisengrabkreuze in Mannersdorf durch, wie auf alten Fotografien zu erkennen sind. Damals wurde der Friedhof auch erstmals gegen Westen erweitert und 1893 bestand bereits eine Friedhofsordnung. Im 20. Jahrhundert verschwanden allmählich die zahlreichen Gusseisenkreuze und ein Großteil der historischen Gräber, in den 1960er-Jahren wurde der Kunststein modern und heute überwiegen verschiedene „importierte“ Marmorsorten.

Auch das Bestattungswesen hat sich geändert, früher gab es Hausaufbahrungen, der Sarg wurde vom Tischler hergestellt, der auch als ein Art Bestatter fungierte. Der Verstorbene wurde im Bett oder im offenen Sarg im Wohnhaus aufgebahrt, in den Tagen vor dem Begräbnis kamen die Familienmitglieder und Nachbarn um Totenwache zu halten. Am Begräbnistag, bei Sommerwetter aber auch früher, wurde der Sarg geschlossen und von den Trägern mit ihren eleganten Uniformen in den Hof des Hauses getragen – dort erfolgte die erste Einsegnung. Dann zog der Trauerzug zum Friedhof, wo die Beisetzung stattfand, die Totenmesse wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt gehalten.

1949 wurde dann, für unsere Gegend sehr früh, eine bemerkenswerte Aufbahrungshalle errichtet. Ein an der klassischen Architektur angelehnter Bau von Baumeister Friedrich Sollak mit Portikus und Freitreppe. Früher nur mit einer „Aufbahrungsvitrine“ versehen, wurde in den 1970er-Jahren rückwärtig ein eigener Kühlraum mit Sanitäranlage angebaut. Die beiden Steintafeln im Portikus der Aufbahrungshalle nennen die Namen der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges. Auch in der Aufbahrungshalle hielten sich noch lange die Bräuche, wie sie bei der Hausaufbahrung gepflegt wurden. Das Abschiednehmen erfolgte nun mit einem Sargfenster, das heute bei uns wieder unüblich geworden ist. Lange wurde das Portal zur Halle am Begräbnistag auch mit einem schwarzen Vorhang versehen, ein Überbleibsel der schwarzen Ausstaffierung, die es einst in der Halle gab. Geblieben ist die Totenwache, die sich zum „Beten“ am Begräbnistag gewandelt hat.

 

Der Friedhof, der in städtischem Besitz ist, musste im 20. Jahrhundert zweimal erweitert werden, die Urnenwand im neueren Teil des alten Friedhofs (um 1960/70) wurde damals noch nicht angenommen. Die heutige Urnenwand im neuen Friedhof wird wohl bald ihre Kapazitätsgrenze erreichen und steht so für einen in unserer Gegend noch relativ neuen „Bestattungstrend“. Auch die historische Aufbahrungshalle ist heute zu klein geworden und nicht barrierefrei, ein Neubau ist geplant. Zweifelsohne eine besondere und sensible Bauaufgabe, bei der eine sorgsame Planung unabdingbar ist – soll doch die lange lokale Bestattungsgeschichte und -kultur fortgeschrieben werden.


Foto 1: Mannersdorfer Friedhof mit vielen Gusseisenkreuzen, vor 1950 (Archiv Michael Schiebinger)

Foto 2: Friedhofsordnung von 1893 (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 3: Aufbahrung 1963 in der Aufbahrungshalle Mannersdorf, noch mit Baldachin, alter Vorhangdraperie und alten Kerzenleuchtern (Archiv Michael Schiebinger)

Foto 4:  Partezettelgestaltung im Wandel der Zeit, der blaue Rand wurd für ledig Verstorbene verwendet (Archiv Michael Schiebinger)

Foto 5: Aufbahrung 1972 in der Aufbahrungshalle Mannersdorf mit neuer Vorhangdraperie und Kühlvitrine (Archiv Michael Schiebinger)

Foto 6: Mannersdorfer Sargträger, um 1960 (?), im Perlmooserhof aufgenommen (Fam. Kaltner/Archiv Karl Trenker)