Online-Gschichtl Nr. 61

Wasenbruck - Zwischen Republik und Diktatur

Im dritten Teil zur Ortsgeschichte von Wasenbruck fällt der Blick auf die Zeit zwischen 1918 und 1945.

Gegen Ende des Ersten Weltkrieges setzte Wasenbruck abermals ein Großbrand zu. Im Juni 1918 stand das alte Fabriksgebäude von Hutter und Schrantz in Flammen, mehrere Feuerwehren rückten an, konnten das Gebäude aber nicht mehr retten. Durch den kriegsbedingten Mangel konnte der Betrieb der Filztuchproduktion erst wieder um 1920 stabilisiert werden. In der Ersten Republik erholte sich auch Wasenbruck allmählich von den Kriegsfolgen. 1921 wurde an der Werkskantine ein neuer Theatersaal errichtet, der auch für Kinovorführungen genutzt wurde. 1922 folgten noch ein Arbeiterwohnhaus mit Brausebad und ein Ambulatorium mit Leichenhalle. Zur Stromversorgung bestand überdies eine Turbine, die zunächst mit Dampf und später mit Wasserkraft angetrieben wurde – sie versorgte die Fabrik und die Arbeiterwohnhäuser. Für die Wasserversorgung des Ortes wurde im Park ein Artesischer Brunnen errichtet, der tatsächlich Tag und Nacht gelaufen ist.

Die Marktgemeinde Mannersdorf, die nun nach der Schaffung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts, sozialdemokratisch geprägt war, bemühte sich im Ortsteil Wasenbruck entsprechende Versorgungseinrichtungen zu schaffen. Für die Betreuung der Kleinsten wurde bis 1926 ein eigener Kindergartenbau errichtet, der von den bedeutenden Wiener Architekten Alfons Hetmanek und Franz Kaym geplant worden war. Der neue Kindergarten wurde nach den neuesten Standards errichtet und mit einem Turnsaal sowie einer „Liegehalle“ ausgestattet. Diese Verbesserungen wurden vielfach vom sozialdemokratisch dominierten Betriebsrat bei Hutter und Schrantz initiiert.

1928 gelang es dann auch noch eine Autobuslinie zwischen Mannersdorf und Gramatneusiedl einzurichten, um nun endlich auch den Wasenbruckern einen Bahnanschluss zu ermöglichen. Und für die kulturelle Leben im Ort sorgten der Männergesangsverein und die Blasmusikkapelle.

Auch kirchlich tat sich nun einiges, aber nicht zur Freude der Wasenbrucker. Nach dem Großbrand der Pischelsdorfer Pfarrkirche 1908 konnte der dortige Kirchenneubau kriegsbedingt erst 1923 fortgeführt werden. Auch die Marktgemeinde Mannersdorf wurde nun verpflichtet für die 618 Katholiken aus Wasenbruck einen finanziellen Anteil beizutragen. Um den Zahlungen zu entgehen, versuchte man vergeblich eine Umpfarrung von Wasenbruck nach Mannersdorf zu erreichen. Als die politischen Spannungen in der Zwischenkriegszeit zunahmen, zeigte sich das auch in der Seelsorge, denn der Pischelsdorfer Pfarrer hatte längst resigniert und verzichtete auf den Religionsunterricht der Wasenbrucker Schulkinder, die mehrheitlich aus sozialdemokratischen Familien stammten.

Über die politische Situation in Wasenbruck ist bisher nur wenig verschriftlicht, da die Bevölkerung überwiegend aus Arbeiterinnen und Arbeitern bestand, gehörten diese mehrheitlich den Sozialdemokraten an. Die Christlich-Sozialen konnte hier nie Fuß fassen. Es dürfte daher in Wasenbruck während der Ersten Republik kaum zu größeren politischen Zerwürfnissen wie in Mannersdorf und anderen Orten gekommen sein. Mit der Ausschaltung der Demokratie 1933 und der Errichtung des autoritär-diktatorischen Ständestaates 1934 sollten sich aber auch die Voraussetzungen in Wasenbruck ändern. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei war verboten worden, auch ihre Vorfeldorganisationen und die freien Gewerkschaften. Trotz dieser herben Einschnitte, verliefen die Februarkämpfe des Österreichischen Bürgerkrieges 1934 in Wasenbruck sehr zurückhaltend ab. Die Arbeiterschaft, immerhin gut 400 Personen, trat zwar am 12. Februar in Streik, zwei Tage später war dieser aber wieder beendet – wohl aus Resignation und weil man sah, dass der Widerstand gegen das Regime gescheitert war. Die führenden sozialdemokratischen Funktionäre des Ortes wurden dennoch in Haft genommen und für mehrere Monate im Anhaltelager Wöllersdorf interniert. Die Katholischen Kirche versuchte hingegen im Ort wieder Fuß zu fassen, so wurden ab 1934 im Turnsaal des Kinderheimes vom Mannersdorfer (!) Pfarrer Sonn- und Feiertagsgottesdienste gefeiert. Als Protest gegen die katholische Präsenz traten viele Wasenbrucker in die Evangelische Kirche über, die nun im Ort ebenfalls Gottesdienste abhielt. Auch sonst leisteten die verbotenen Sozialdemokraten Widerstand, indem sie am 1. Mai den Ort heimlich mit roten Bändern schmückten.

Das Verbot der Sozialdemokraten, die triste Gesamtklage sowie die Maßnahmen des konservativen Ständestaats führten wohl auch in Wasenbruck dazu, dass Arbeiterinnen und Arbeiter sich den damals illegalen Nationalsozialisten anschlossen. Offenbar hatte man auch in Wasenbruck entsprechende Strukturen aufgebaut, nicht anders ist es zu erklären, dass am 11. März 1938, dem Tag des sogenannten „Anschlusses“, genügend Nationalsozialisten bereitstanden. Aber auch eine Gruppe der Frontmiliz des Ständestaates war an diesem Tag in Wasenbruck unterwegs, mit Uniformen und Gewehren patrouillierten sie im Fabriksumfeld. Die Wasenbrucker Nationalsozialisten wanderten daher einzeln und in Kleingruppen nach Mannersdorf, um dort an einer Kundgebung teilzunehmen. In Mannersdorf war der Zulauf an Sympathisanten und neugierigen größer, als die Wasenbrucker Parteigenossen dachten. Nachdem sie über Lautsprecher von der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich erfahren hatten, gingen die Parteigenossen zurück nach Wasenbruck. Dort wollten sie die Ständestaatsmiliz entwaffnen, was aber nicht mehr notwendig war, da sich diese bereits aufgelöst hatte. Repressionen gegen die nun entmachteten Ständestaatsfunktionäre dürften aber unterblieben sein.

 

Wie in Mannersdorf schweigt die bisherige Literatur leider über die weiteren Ereignisse während des Nationalsozialismus. Es ist aber anzunehmen, dass auch das Leben und der Alltag in Wasenbruck und die Arbeit in der Fabrik durch die nationalsozialistische Propaganda geprägt wurde. Während des Zweiten Weltkrieges wurde in der Au sogar ein eigener Notfriedhof angelegt. Wasenbrucker mussten ebenso in den Krieg ziehen, der sich auch zuhause bemerkbar machte. Die Rationierung von Rohstoffen und der Mangel an Arbeitern führte zu einem Rückgang der Produktion bei Hutter und Schrantz. Während der Kriegsjahre, wurden die Filztücher von Frauen, Alten, Wehruntauglichen und Invaliden gewebt. Die schwarzen Stoffe für die Waffen-SS-Uniformen wurden auch bei Hutter und Schrantz in Wasenbruck hergestellt. So mancher Anzug der Wasenbrucker aus dieser Zeit wurde sicherlich auch aus diesen Stoffen genäht oder beim Hamstern gegen Nahrungsmittel getauscht.


Foto 1: Wasenbruck in der Zwischenkriegszeit mit einem Lastwagen vor der Fabrik (Archiv Johann Amsis)

Foto 2: Belegschaft der Zwirnerei, 1921 (Sammlung Heribert Schutzbier)

Foto 3: Leithabrücke, 1926 (Archiv Karl Trenker)

Foto 4: Kindergarten/Kinderheim (Tätigkeitsbericht des Gemeinderates 1929)

Foto 5: Fabrikspforte von Hutter und Schrantz (Archiv Johann Amsis)

Foto 6: Wasenbrucker Werkskapelle, 1920er-Jahre (Sammlung Heribert Schutzbier)

Foto 7: Hauptstraße mit Arbeiterwohnhäusern, 1933 (Sammlung Hans Schwengersbauer)

Foto 8: Wasenbruck in "Niederdonau", NS-Zeit (Sammlung Heribert Schutzbier)