Online-Gschichtl Nr. 108

Ostern und Frühling in Wasenbruck

Am heutigen Ostersonntag machen wir einen nostalgischen Spaziergang in die Vergangenheit Wasenbrucks, denn Johann Amsis berichtet uns ein wenig von der Osterzeit und den frühlingshaften Gärten anno dazumal.

 

Wenn nach einem langen Winter endlich der Schnee weg war, die ersten Sonnenstrahlen wärmten und die Blätter und Blumen zu sprießen begannen, konnte man darauf warten, ein singendes Motorengeräusch zu hören. Da kam dann der Fabriksgärtner Gottfried Schöllberger mit seinem Lister (Motorkarren) mit Pflanzen, Schaufel, Spaten und Rechen angefahren, um den Fabriksgarten, den Park und das Kinderheim in ein gepflegtes blühendes Paradies zu verwandeln.

Und Gottfried war tatsächlich ein Meister seines Faches, er stammte aus Südtirol und war eine Seele von einem Menschen. Er konnte gut mit Kindern, wenn da einmal etwas angestellt wurde und eine Schimpfkanonade notwendig geworden wäre, sagte Gottfried in seinem unnachahmlichen Dialekt „modanitz“, was so viel hieß wie „macht ja nich’s“. Es war schön, ihm beim Dialektsprechen zuzuhören, man verstand zwar nicht alles, aber es klang für uns sehr lustig. Wenn ich an den Park denke, der konnte sich fast schon mit der Schönheit vom Schönbrunner Schlosspark messen. Die Leute waren auf diesen Park sehr heikel, wenn man als Kind dort über den Rasen gelaufen ist, konnte man gleich das eine oder andere böse Wort vernehmen. Der Rasen war perfekt geschnitten, wie mit einer Nagelschere, ich frage mich heute noch, wie Gottfried den Rasen gemäht hat. Ich glaube, dass es damals noch gar keinen Rasenmäher, so wie wir ihn heute kennen, gegeben hat, sondern nur Sicheln und Sensen. Im Sommer gab es manchmal ein Parkfest, da wurde ein Podium für die Musik und ein Tanzboden aufgestellt sowie Heurigenbänke und Tische für die Besucher. Mit Lichterketten zwischen den Bäumen wurde alles stimmungsvoll beleuchtet. Getanzt wurde oft bis in den frühen Morgen, falls nicht „zufällig“ ein Gewitter aufzog.

Der Fabriksgarten war ebenfalls wie aus dem Bilderbuch bepflanzt, mit Gemüse und Blumen für den Herrn Direktor. Beim Kinderheim und im Schulgarten gab es eine Miniritterburg mit Gebirgslandschaft, betonierten Straßen, Brücken und Häuschen – wie eine richtige Minialpenlandschaft, die Gottfried hegte und pflegte. Leider habe ich davon keine Bilder mehr gefunden. Dieses Minigebirge war „heilig“ und kein Kind durfte darauf spielen, durch den Maschendrahtzaun konnte man darauf schauen und davon träumen. Als die Fabrik für immer geschlossen wurde und der Zaun kaputt ging, war es mit dieser Minialpenwelt leider auch schon vorbei, schneller als man vermutet hätte, war alles desolat und vernachlässigt.

Viele Wasenbrucker hatten einen Schrebergarten und manche sogar schon ein eigenes Haus oder zumindest eines, das gerade in Bau war. Da war dann ein großer Garten dabei, wo auch glückliche Hühner gehalten wurden. Dementsprechend gab es viele Eier, mit denen man sich und seine Verwandten zum größten Teil versorgen konnte. Da das Osterfest bald vor der Tür Stand, wurden die weißen Eier zur Seite gelegt, einige wurden für uns Kinder ausgeblasen, damit wir sie mit Wasserfarben bemalen konnten. Beim Italienergraben haben wir Palmkätzchen geschnitten und diese mit den ausgeblasenen und bemalten Ostereiern geschmückt. Ein sehr wichtiger Tag für uns Kinder war der Palmsonntag, da musste man aufpassen, dass man nicht zu lange schläft, denn der, der als letzter aufstand, war der „Palmesel“ und ein solcher wollte niemand sein.

Am Gründonnerstag sind ja bekanntlich die Glocken nach Rom geflogen, in der Früh, zu Mittag und am Abend mussten die Kinder mit ihren Ratschen durch den Ort gehen, um die Glocken zu ersetzen: „Wir ratschen wir ratschen den Englischen Gruß (Gruß der Engel), dass jeder Christ weiß, dass er beten gehen muss. Fallts nieder, fallts nieder auf eure Knie, bet‘s ein Vaterunser und drei Ave Marie!“ Der Spinat mit „Zwiefigreste und an Spiagleier“ durfte an diesem Tag natürlich auch nicht fehlen.

Einige Tage vor dem Ostersonntag begann dann das Eierfärben, Eier kochen, Farbe rein, einen Schuss Essig warum auch immer? Nach fünf Minuten raus legen, die Küche versauen, auf ein Tuch oder Zeitungspapier, zum Trocknen auflegen. So, geschafft, jetzt dachte man kommt das schönste, die gefärbten Eier mit einem Abziehbild verschönern, lauwarmes Wasser, Abziehbilder einweichen. Zu früh aus dem Wasser, das Bild zerreißt, zu spät und das Bild zerfällt – die richtige Zeit erwischt, das Bild ist faltig wie ein Hundertjähriger. Ich weiß nicht, ob es irgendwen einmal gelungen ist ein Bild perfekt aufzukleben, mir jedenfalls nicht. Als krönender Abschluss wurden die gefärbten Eier mit einer Speckschwarte glänzend eingerieben – der Ostersonntag konnte kommen.

Beim Basteln im Kindergarten, im Hort und bei den Kinderfreunden holten wir uns die Vorfreude auf das Osterfest. Natürlich fand sich auch das eine oder andere Osternesterl im Kinderheim oder auf der Wiese hinter dem Sportplatz beim Leithadamm. Am Ostersonntag, gab es dann das Eiersuchen im eigenen Garten, bei den Märzenbechern, den Krokussen, den Tulpen oder auf der Wiese, die gerade vom Braun des Winters in ein saftig grünes Frühlingsgras wechselte. So manches färbige Ei leuchtete aus den Blumenbeeten heraus oder manchmal aus einer Astgabelung auf den Bäumen, manchmal war auch in der Wiese ein richtiges Osternest zu finden. Wenn der liebe Gott auch noch das richtige sonnige Wetter vorbeischickte, war allen Kindern und Eltern warm ums Herz, diese Erinnerungen sind die gedanklichen Vorgaben wie so ein perfektes Osterfest aussehen muss.

Es war damals nicht üblich, so wie heute, große Geschenke beim Osterfest zu machen, sondern meist blieb es bei den gefärbten Eiern, eventuell waren noch Süßigkeiten dabei, kleine eierförmige Zuckerl, etwas größere weichere saftig gefüllte Zuckerl und mit Glück ein großer Schokohase. Um den Hasen tat es einem immer leid, der wurde dann im Wohnzimmer im Sekretär aufbewahrt, bis zum Nikolaustag, dann musste auch der Schokoosterhase Platz machen und wurde für die Verzierung der Weihnachtsbäckerei eingeschmolzen. Der Schokonikolo hatte seine Gnadenfrist dann wiederum bis zum Backen des Osterkuchens.

 

Am späten Vormittag des Ostersonntages ging es zum Leithadamm beim Sportplatz, da fand das lustige Eierpecken statt. Der Osterspaziergang am Nachmittag war in unserer Familie Tradition, da packten unsere Eltern einige gefärbte Eier ein und wir marschierten durch den Hohlweg in der Au Richtung „Osterhasenwiese“. Während des Spazierganges versteckten die Eltern immer wieder die gefärbten Eier, wir Kinder dachten natürlich, dass diese der Osterhase verloren hat und freuten uns wie die Schneekönigin, wenn wir wieder einmal eines gefunden hatten. Es war üblich, den Kindern und den Damen der Verwandtschaft ebenfalls gefärbte Eier zu schenken, so kam schon mal ein größeres Körbchen zusammen. Da Lebensmittel ja nicht weggeschmissen wurden, ging um Ostern der Cholesterinspiegel rasant nach oben, gab es doch Eierbrot, Eiaufstrich, Eisalat, Eier in der Firma mit zur Jause … irgendwann sind sie dann allen zum Halse herausgehangen und man war froh, dass Ostern erst wieder in einem Jahr war.


Foto 1: Im Wasenbrucker Park (Kurt Tobler)

Foto 2: Der Park 1965 (Wasenbrucker Heimatseite)

Foto 3: Ratschenbuam ... allerdings aus Mannersdorf (Archiv Hans Amelin)

Foto 4: Ostern in Wasenbruck (Felix Gruner)

Foto 5: Wasenbrucker Kinder im Grünen (Kurt Tobler)

Foto 6: Die Osternesterl wurden schon fleißig eingesammelt (Ingrid Feichtinger)

Foto 7: Wald- und Wiesenexpedition (Kurt Tobler)

Foto 8: Die Wasenbrucker Kinder mit Pfarrer Reinhold Schleider (Wasenbrucker Heimatseite)