Online-Gschichtl Nr. 97

Greißlereien an jeder Straßenecke - Teil 2

Im zweiten Teil des Online-Gschichtls setzt der Rundgang durch die einstigen Mannersdorfer Greißlereien auf der Hauptstraße fort.

 

Ludwig Spiess jun. betrieb seine Greißlerei auf der Hauptstraße 34. Ludwig Anton war 1894 geboren worden und der Sohn des hiesigen Sattlermeisters Ludwig Spiess sen. Auch Ludwig jun. sollte zunächst das Handwerk des Sattlers erlernen und heiratete 1930 Anna Leopold. Später dürfte er dann im Elternhaus die Greißlerei eröffnet haben, die er wohl bis zu seinem Tod 1959 führte. Ludwigs Tochter Franziska Schmied machte aus der Greißlerei eine Schneiderei. Sie wurde später als Franziska Merkinger auch als Malerin von Mannersdorfer Ansichten bekannt.

Auf der Hauptstraße 39 betrieb die Familie Zeyda ihre Gemischtwarenhandlung. Josef Zeyda sen. war als Schneidermeister mit seiner Frau Franziska aus Neudorf in Mähren/Moravská Nová Ves nach Mannersdorf zugezogen. Hier kam 1871 Sohn Josef zur Welt, der wie sein Vater zunächst Schneidermeister werden sollte. 1898 heiratete Josef Zeyda jun. in Mannersdorf Theresia Hainzl, doch bereits im Folgejahr verstarb seine Gattin mit nur 26 Jahren. Witwer Josef Zeyda jun. nahm im Mai 1900 Josefa Berthold zu seiner zweiten Ehefrau, noch 1901 kam Tochter Emilia Anna zur Welt. Josef jun. und Josefa Zeyda führten fortan auf der Hauptstraße 39 eine Gemischtwarenhandlung. Tochter Emilia sollte dann im Jahr 1922 den Beamten Josef Kandl aus Wien-Hernals zum Mann nehmen. Als Josef Zeyda jun. 1947 verstarb, übernahm Tochter Emilia Kandl mit ihrem Gatten Josef das Geschäft der Eltern und baute es 1949 um – 1950 verstarb dann Mutter Josefa Zeyda. Nach dem Tod ihres Gatten Josef 1958, führte Emilia Kandl das Geschäft alleine weiter – sie verstarb im hohen Alter 1983.

Nur zwei Häuser weiter, auf der Hauptstraße 43, hatte Kaufmann Karl Wenisch sein Geschäftslokal. Wenisch stammte aus Haid bei Tachau/Bor u Tachova in Westböhmen, wo er 1885 geboren worden war. Später kam er nach Siebenhirten (heute Wien 23) und heiratete 1912 Pauline Hupfner. Im Kriegsjahr 1914 war Wenisch bereits in Mannersdorf als Kaufmann tätig, da hier Sohn Walter Rudolf zur Welt kam – dieser scheint später in die Spessart-Odenwald-Gegend gezogen zu sein. Karl Wenisch verstarb 1961, das Geschäft wurde später von der Familie Wagner betrieben, heute ist hier eine Filiale von Optik Ligenfeld untergebracht.

Im Haus des Gastwirts Jakob Nemetschek (Hauptstraße) betrieb der gelernte Bäckermeister Paul Pani, der aus Purbach stammte, einen Mehlladen. Wie ein Foto aus der Zeit um 1900 zeigt, war das Geschäft ein Verkaufslokal der „Erzherzöglich-Friedrich’sche Hofmühle Ungarisch Altenburg“ untergebracht. Pani dürfte wohl nur Pächter gewesen sein und vertrieb die Mehlprodukte der Hofmühle von Ungarisch Altenburg/Mosonmagyaróvár.

Die Familie Domayer hatte ihren Verkaufsladen an der Ecke Hauptstraße und Fabriksgasse im Haus der Familie Kopf (Nr. 28) untergebracht. Johann Domayer sen. wurde 1868 in Seibersdorf geboren, als Kaufmann hielt er sich einige Zeit in Wien auf. Dort lernte er wohl auch die Köchin Anna Dittrich aus Freiwaldau/Jeseník in Mährisch-Schlesien kennen. 1896 kam in Wien-Währing Sohn Johann zur Welt, der wie der Vater Kaufmann werden sollte. Die Eltern waren bei der Geburt des Kindes noch nicht verheiratet, um 1900 dürften sie dann nach Mannersdorf übersiedelt sein. 1902 holten Johann sen. und Anna ihre Heirat in Wien-St. Ulrich nach, noch im selben Jahr kam Tochter Margaretha in Mannersdorf zur Welt – sie nahm später Gustav Sauer zum Mann. Bruder Rudolf Domayer, Jahrgang 1906, wurde als erster „Autotaxiunternehmer“ in Mannersdorf tätig und heiratete 1933 Anna Opferkuh. Johann jun. vermählte sich wiederum 1937 mit Maria Martschitz. Johann Domayer sen., der auch Gemeinderat war, verstarb im Juli 1939, sodass Johann jun. das Geschäft der Familie übernahm und bis zu seinem frühen Tod 1949 führte.

Auch Bürgermeister, Feuerwehrhauptmann und Kalkbrenner Johann Kopf betrieb nebenbei noch eine Gemischtwarenhandlung in seinem Haus an der Hauptstraße 19, dort handelte er auch mit Kohle.

Das Ehepaar Johann und Anna Schutzbier, die Urgroßeltern von Heribert Schutzbier, hatten ihre Gemischtwarenhandlung an der Hauptstraße 17, dem Stammhaus der Familie. Johann hatte nach dem Tod seiner ersten Frau 1849 in zweiter Ehe Anna geheiratet und war aus Wien nach Mannersdorf zugezogen. 1857 kam Sohn Alois Anton zur Welt, der ebenfalls Kaufmann wurde und später ein Geschäftslokal in der Jägerzeile 12 betrieb. Alois Anton ging erst spät, im Jahr 1895, die Ehe mit Maria Theresia Leth aus Margarethen am Moos ein. Im Folgejahr kam Sohn Josef Alois zur Welt, der später Lehrer wurde und sich um die Mannersdorfer Ortgeschichtsforschung verdient machte. Gustav Schutzbier, der Neffe von Johann, war ebenfalls von Wien nach Mannersdorf gezogen, wo er 1877 mit Elisabeth Spieß die Ehe schloss und im Folgejahr eine eigene Gemischtwarenhandlung eröffnete. Noch vor der Jahrhundertwende ging Gustav mit seiner Familie zurück nach Wien-Fünfhaus, wo er nun als Amtsdiener fungierte. Als Onkel Johann Schutzbier 1898 in Mannersdorf verstarb, führte Witwe Anna die Gemischtwarenhandlung an der Hauptstraße fort. Bald übernahm dann Sohn Alois Anton, Mutter Anna Schutzbier verstarb 1910. Im Laden der Familie befand sich auch eine Tabaktrafik, die Damen des Hauses selbst waren ja für ihren eigenen Tabakkonsum bekannt, wie Frieda Dunshirn zu berichten wusste. Kaufmann Alois Anton Schutzbier verstarb im Jahr 1921. Zuletzt wurde das Geschäft als A&O-Filiale der Familie Migschitz-Sommer geführt.

Franz Josef Bergles(z), einer der wohl bekanntesten und noch heute namhaften Mannersdorfer Greißler, saß am Schubertplatz 6, wo er auch mit Mehl und Spirituosen handelte. Franz Josef Bergles(z) stammte eigentlich aus Wien, sein Vater Franz war der Kammerdiener des ungarischen Titularbischofs Josef von Kukovich gewesen. 1891 vermählte sich Franz Josef mit Anna Zorn aus Hof, damals hatte er bereits das Haus in Mannersdorf besessen. Im Ersten Weltkrieg hatte das Ehepaar Bergles den Verlust ihres Sohnes Franz zu beklagen. Anna Bergles verstarb dann 1926 und Franz Josef Bergles 1931. Sohn Josef fiel im Zweiten Weltkrieg, während die Söhne Stephan, Johann und Friedrich ein hohes Alter erreichten und in Mannersdorf lebten. Das Geschäft war aber längst von der Familie Wenisch übernommen worden.

Neben den Bergles ist noch heute die Familie Zwerger in Mannersdorf gut bekannt. Anton Zwerger, Posamentierer (Bortenmacher) und Greißler, hatte sein Geschäft in der Unteren Kirchengasse 26, wo auch mit Mehl und Petroleum gehandelt wurde. Anton war 1856 in Mannersdorf geboren worden und war der Sohn des Wagnermeisters Johann Zwerger. Im Jahr 1885 vermählte sich Anton Zwerger mit Aloisia Spiess, 1891 kam Sohn Karl zur Welt. Anton Zwerger war lange auch als Gemeinderat tätig und verstarb 1926. Im Jahr darauf heiratete Karl Zwerger die Bäckerstochter Margareta Boček und führte als Kaufmann das Geschäft der Eltern weiter – Mutter Aloisia verstarb 1935. Karl und Grete Zwerger standen noch lange in ihrem Geschäft in der Unteren Kirchengasse, in hohem Alter verstarben beide im Jahr 1976. Das Haus wurde von der Familie Reinisch übernommen, das nette Geschäftsportal mit den Metallläden der Jahrhundertwende ist noch heute erhalten.

 

Maria Hittinger betrieb eine kleine Greißlerei auf der Halterzeile. Sie stammte aus Stixneusiedl und heiratete in erster Ehe Karl Weitzberger. Als dieser früh verstarb, ging sie eine zweite Ehe mit dem Bahnbeamten Ernst Hittinger ein, der aus Stetteldorf gebürtig war. Das Paar hatte offenbar keine Kinder und als Gatte Ernst 1939 verstarb, könnte Maria Hittinger die Greißlerei noch einige Jahre weitergeführt haben. Auf der Halterzeile befand sich auch noch die Gemischtwarenhandlung der Familie Biwald. Und auch Marie Schmidt hatte ihre Gemischtwarenhandlung auf der Halterzeile. Wie Frieda Dunshirn einst berichtete, stammte die Familie aus Moosbrunn, wo sie ihr Gasthaus aufgegeben hatte und nach Mannersdorf zog. Später wurde das Geschäft von der Familie Nader übernommen, ehe die Familie Weinkum hier einen Imbiss betrieb.


Foto 1: Rechts im Kopf-Haus das Geschäft von Johann Domayer (Archiv Karl Trenker)

Foto 2: Nochmals das Geschäft von Johann Domayer (Archiv Karl Trenker)

Foto 3: Gasthaus Netmetschek mit dem Verkaufslokal der „Erzherzöglich-Friedrich’schen Hofmühle Ungarisch Altenburg“ (rechtes Portal) (Archiv Karl Trenker)

Foto 4: Links im Karpf-Haus das Geschäft der Familie Schutzbier in der Jägerzeile (Sammlung Heribert Schutzbier)

Foto 5: Das Stammhaus der Familie Schutzbier auf der Hauptstraße (Digitales Archiv Stadtmuseum)

Foto 6: Das Geschäft von Josef Zayda (später Kandl) auf der Hauptstraße (Archiv Karl Trenker/Herkunft von Frau Kandl)

Foto 7: Das Geschäft der Familie Zayda-Kandl nach dem Umbau von 1949 (Archiv Karl Trenker/Herkunft von Frau Kandl)

Foto 8: Das Geschäftslokal der Familie Zwerger in der Unteren Kirchengasse (Sammlung Heribert Schutzbier)