Online-Gschichtl Nr. 124

Bürgermeister Anton Stummer

In der Reihe der Beiträge zu den Mannersdorfer Bürgermeistern berichtet Michael Schiebinger diesmal über Anton Stummer, der von 1864 bis 1873 amtierte.

 

Anton Stummer (auch Stumer) kam am 13. Juni 1818 im Haus Nr. 3 als Sohn des Sebastian Stummer und dessen Gattin Theresia, geborene Bräuner, zur Welt. Die Eltern hatten bereits 1805 geheiratet, 1808 bekamen sie ihr erstes Kind Anna Maria. Dann könnte Vater Sebastian während der Napoleonischen Kriege als Soldat gedient haben, denn erst 1816 folgte mit Theresia das zweite Kind der Familie. Anton war das dritte der Geschwister, nach ihm scheinen keine weiteren Kinder mehr auf. Vater Sebastian Stummer wurde als „Nachbar“, also steuerzahlender Hausbesitzer bezeichnet, über seine Profession bzw. wie er den Lebensunterhalt der Familie bestritt, liegen keine Hinweise vor. Anton dürfte die Schule besucht haben, seine weitere Ausbildung ist unklar, da auch er in den Kirchenbüchern als „Nachbar“ ohne weitere Berufsbezeichnung geführt wurde.

Am 9. Februar 1847 heiratete Anton Stummer mit 28 Jahren in der Pfarrkirche Mannersdorf die ein Jahr jüngere Elisabeth Karanitsch. Die Braut war die Tochter des Johann Karanitsch, eines „behausten Nachbars“, und dessen Gattin Katharina. Das junge Paar bekam 1848 mit Tochter Anna ihr erstes Kind. Das Glück währte aber nur kurz, denn am 27. Juni 1848 verstarb Gattin Elisabeth Stummer mit nur 29 Jahren an Wassersucht. Anton Stummer ging bald eine zweite Ehe ein, am 6. Februar 1849 vermählte er sich in Sommerein mit Katharina, der 22-jährigen Tochter des Franz Waldbeck. Gut ein Jahr später kam die erste gemeinsame Tochter des Paares, Juliana, zur Welt. 1851 folgte Tochter Magdalena und 1852 Sohn Martin, der jedoch bald darauf verstarb. 1854 wurde Sohn Joseph geboren, 1855 und 1856 folgten zwei Söhne namens Johann, die beide als Kleinkinder verstarben. Und auch Sohn Anton, der 1857 zur Welt kam, überlebte das Kindesalter nicht. 1859 wurde Theresia geboren, 1860 Juliana und 1861 Anton, der als Kind verstarb. 1862 folgte Tochter Katharina und 1864 Sohn Martin, der ebenso wie Anna, die 1866 zur Welt kam, noch als Kind verstarb. Die Kindersterblichkeit war folglich auch in der Familie Stummer sehr hoch. Mangelndes Wissen über Krankheiten und kaum vorhandene bzw. leistbare medizinische Versorgung trugen ihres zur damaligen Lage bei.

Bei den Gemeindewahlen des Jahres 1864 wurde Anton Stummer erstmals zum Mannersdorfer Bürgermeister gewählt. Über seinen Weg in die Gemeindepolitik ist nichts weiter bekannt, doch dürfte er, wie seine Nachfolger auch, schon einige Jahre zuvor als Mitglied des Gemeindeausschusses und dann als geschäftsführender Gemeinderat fungiert haben. Stummers erstes Amtsjahr als Bürgermeister war kein leichtes, die Ernte war sehr bescheiden ausgefallen, im Markt grassierte seit einem Jahr die Rinderpest und auch für den Wein war es das bisher schlechteste Jahr überhaupt. Auch 1865 wurde es nicht besser, der strenge Winter hatte die Waldarbeit gänzlich verunmöglicht. Die Mannersdorfer Steinmetze mussten viele ihrer Arbeiter entlassen, da die Betriebe in Finanznöte geraten waren. Zu allem Überdruss brach am 15. September 1865 in der Scheune des Hauses Nr. 55 ein Brand aus, der sich rasch ausbreitete und 14 Häuser im Kroatenmarkt sowie 9 Häuser in der Jägerzeile einäscherte.

Im Jahr 1866 tobte dann der „Deutsche Krieg“, bei dem Österreich mit seinen Verbündeten gegen Preußen kämpfte und der in Böhmen in der berühmt-berüchtigten Schlacht von Königgrätz/ Hradec Králové endete. Mannersdorf lag zwar nicht im unmittelbaren Kampfgebiet, doch kam es auch hier zu einem Durchzug kaiserlicher Soldaten und zu Einquartierungen in den Häusern des Marktes. Zunächst wurden Ulanen, dann Kürassiere und zuletzt Infanteristen in Mannersdorf untergebracht. Letztere hatten zwei Feldkapläne mitgebracht, einen katholischen und einen griechisch-unierten, die beide im Pfarrhof unterkamen. Im Herbst 1866 kam dann auch noch die Cholera in den Markt, die sich durch das Kriegsgeschehen in Europa rasch verbreitet hatte. Als erstes Mannersdorfer Opfer der Epidemie schien am 28. September Johann Lutz im Sterbebuch auf. Dann gab es fast nur noch Choleratote, bis Jahresende 1866 waren 41 Bewohner an der Epidemie verstorben, ehe die Seuche wieder abklang. Die allgemeine Lage war so trist, dass der Pfarrer festhielt, dass selbst die wohlhabenden Mannersdorf nur Gerstenbrot essen und mit Roggenmehl kochen würden. Auch 30 bis 40 Bettler, viele von auswärts, hielten sich im Marktflecken auf.

Das Jahr 1866 brachte aber zumindest eine kleine Verbesserung, wohl auch dem Kriegsgeschehen wegen wurde die Straße von Ebergassing über Götzendorf nach Mannersdorf ausgebaut. Die schweren Steinfuhrwerke sorgten ja damals stets für Straßenschäden. Die Gemeindeführung unter Bürgermeister Stummer hatte also im eigenen Zuständigkeitsbereich sicherlich alle Hände voll zu tun.

Nach einem misslungenen Attentat auf Kaiser Franz Joseph wurde bereits 1856 in Wien mit dem Bau der Votivkirche („Votiv“ meint Danksagung) begonnen, der ganze 23 Jahre dauern sollte. Für die Finanzierung wurden verschiedene Spendenaktionen gestartet, so auch 1868. In der Marktgemeinde Mannersdorf wurden damals etwas mehr als 27 Gulden zusammengetragen. Eine eher bescheidene Summe, die aber durch die Ereignisse der Vorjahre erklärbar scheint. Neben Pfarrer Ambros Zettl, der 5 Gulden gab, waren auch andere Honoratioren unter den Spendern – Bürgermeister Anton Stummer, Arzt Josef Wache und Kooperator Johann Glogowatz beteiligten sich mit je einem Gulden. Initiator des Kirchenbauprojektes war Erzherzog Maximilian, der jüngere Bruder von Franz Josef, gewesen. Er war mittlerweile zum Kaiser von Mexiko aufgestiegen, ein politisches Fiasko, das bekanntlich mit Maximilians Erschießung endete. Auch in der Pfarrkirche von Mannersdorf wurde am 11. Juli 1867 für Maximilian ein Seelenamt gelesen.

Noch 1867 wurde auch wieder eine Gemeindeausschusswahl durchgeführt, bei der Stummer in seinem Amt bestätigt wurde. In Bürgermeister Stummers zweite Amtszeit fiel 1869 eine wichtige Änderung im Schulwesen, bei der die Aufsicht der Kirche entzogen und die Schulen nun ganz der staatlichen Kontrolle unterstellt wurden. Die Mannersdorfer Schule wurde damals gleich der Prüfung durch den Direktor der Brucker Hauptschule unterzogen. Noch im selben Jahr wurden auch die Gemeindesteinbrüche verpachtet, sie gingen an die Wiener Baugesellschaft als Bestbieterin.

Bei der Gemeindewahl 1870 wurde der bisherige Bürgermeister zum zweiten Mal wiedergewählt und im Amt bestätigt. Noch 1871 wurden Anton Stummer, Johann Kopf, Franz Ludescher und Franz Kainz zu den Mannersdorfer Wählmännern gewählt, die ihrerseits mit den Wahlmännern der anderen Gemeinden einen Landtagsabgeordneten für den Bezirk Bruck zu wählen hatten. Das damalige Wahlsystem für den Landtag war folglich noch nicht auf eine direkte Volkswahl ausgelegt. Im Jahr 1872 begann das Eisenbahnzeitalter in Mannersdorf, denn die Union-Baugesellschaft nahm Vorarbeiten für die Strecke zwischen Götzendorf und Mannersdorf auf. Die hiesigen Gemeindeväter standen dem Vorhanden aber zunächst reserviert gegenüber. Womöglich fürchteten sie um das Geschäft der Steinfuhrwerker, die nun durch das neue Transportmittel ernsthafte Konkurrenz bekommen sollten.

Nach neun Jahren und drei damaligen Wahlperioden wollte Anton Stummer offenbar nicht mehr für das Amt des Bürgermeisters kandidieren. Im Jahr 1873 wurde Stefan Santruschitz zu seinem Nachfolger gewählt. Über Anton Stummers weiteren Lebensweg ist wenig bekannt. Ein Jahr nach dem Ende seines Politikerdaseins holte ihn ein persönlicher Schicksalsschlag ein. Am Morgen des 30. April 1874 verstarb Gattin Katharina im Alter von nur 48 Jahren in Folge eines „Schlagfußes“. Witwer Anton Stummer musste nun die jüngsten Kinder alleine großziehen, ihm waren immerhin noch weitere 21 Jahre vergönnt. Anton Stummer verstarb am 14. Juni 1895 in seinem Haus an „Entkräftung“ – dort wo er 77 Jahre zuvor auch zur Welt gekommen war. Zwei Tage später wurde der Altbürgermeister am Mannersdorfer Friedhof beigesetzt.


Foto 1: Bürgermeisterporträt von Anton Stummer (Karl Trenker)

Foto 2: Mannersdorf im Jahr 1864, damals wurde Anton Stummer zum Bürgermeister gewählt (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)

Foto 3: Die Schlacht bei Königgrätz im "Deutschen Krieg", auch in Mannersdorf zogen Truppen durch und wurden Soldaten einquartiert (Wien Museum Online Sammlung, CC0, Die Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866, 87232 1-2)

Foto 4: Für den Bau der Wiener Votivkirche spendeten auch Bürgermeister Stummer und weitere Mannersdorfer "Honoratioren" (Wien Museum Online Sammlung, CC0, Denkblatt zur feierlichen Grundsteinlegung der Votiv-Kirche am 24. April 1856, 107080)